Rundgang durch die Bergstadt Rüthen
Rüthen liegt oberhalb des Möhnetals auf einem Vorsprung des Haarstrangs, einer Kalkformation, deren Kreideschichten steil zur Möhne abfallen. Rüthen war Mitglied der Hanse, und seine Kirche wurde dem heiligen Nikolaus geweiht, dem Schutzpatron der Kaufleute.
Am 29. September 1200 wurde Rüthen durch den Kölner Erzbischof Adolf I. von Altena, der als Herzog von Westfalen das Befestigungsrecht hatte, zur Stadt erhoben und kontinuierlich mit Mauern und Gräben befestigt. Offenbar wurde eine bereits vorhandene ältere Höfesiedlung der Grafen von Arnsberg in die Neugründung mit einbezogen. Die planmäßige neue kölnische Stadtanlage zeichnet sich noch heute durch den deutlich sichtbaren Unterschied zwischen dem unregelmäßigen Straßensystem um St. Nikolaus und den regelmäßig und parallel verlaufenden Straßen um St. Johannes ab.
Anfangs diente der Ort sogar bis in die zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts als Sitz des Marschalls von Westfalen als Vertreter des Erzbischofs und war damit zeitweise das kölnische Machtzentrum in Westfalen. Im Westen der Stadt vorgelagert wurde daher anfangs des 13. Jahrhunderts eine großflächige Burganlage als Landesburg mit einer beträchtlichen Besatzung erbaut. Die Burgmannschaft bestand aus bis zu 12 Lehnsnehmern des Landesherrn. Bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts spielte die Burg allerdings für die Erzbischöfe keine wichtige strategische Rolle mehr und verfiel.
Dem Stadtrecht Rüthens diente zunächst das Soester Recht als Vorbild, wurde aber dann eigenständig erweitert. Die neue Stadt selbst zog Leute aus dem Umland an. Wohl noch vor 1300 sind die Bewohner der in der stadtnahen Feldmark verhandenen Dorfsiedlungen in die neue Stadt gezogen. Ihre Landwirtschaft betrieben die umgesiedelten Neubürger nun weiter von Rüthen aus. Zum Einflussbereich der Stadt gehörten mindestens seit dem frühen 16. Jahrhundert auch drei Dörfer und drei einzeln gelegene Höfe. Ihre Bewohner fanden in Notzeiten als ‚Pfahlbürger‘ (= Bürger minderen Rechts) Schutz in der Stadt, hatten als Gegenleistung aber eine Reihe festgelegter Hand- und Spanndienste für den Rüthener Magistrat zu leisten.
Nikolauskirche
Die um 1300 erbaute St.-Nikolaus-Kirche mit ihrem romanischen Turm und seinem Barockhelm von 1700 ist eine typische westfälische Hallenkirche aus der Übergangszeit vom romanischen zum gotischen Stil. Erbaut wurde sie um 1300 und ist dem heiligen Nikolaus geweiht, was auf eine umliegende mittelalterliche Kaufmannssiedlung hindeutet. Ihre eindrucksvolle Barockausstattung beruht überwiegend auf zeitgenössischen Stiftungen der Rüthener Bürgerschaft.
Marktbrunnen
Der Marktbrunnen von 1996 symbolisiert mit seinen Figuren, Siegeln und Wappen sowie dem Lauf des herabfließenden Wassers die historische Entwicklung in Stadt und Raum Rüthen von der Gründung Rüthens, der Rüdenburg, der ehemaligen Stadt Kallenhardt und dem Gogericht Rüthen bis zur heutigen Stadt mit ihren 15 Ortschaften.
‚Rüthener Eselei‘
Die Skulpturengruppe ‚Rüthener Eselei‘ des Bildhauers Wolfgang Lamché vor dem Rathaus erinnert an das wichtigste Lasttier vergangener Zeiten. Was auch transportiert werden musste, es waren fast nur Esel, die in Rüthen Lasten beförderten, so dass man bis heute mit einem Schmunzeln auf die enge Bindung oder gar Wesensverwandtschaft der Rüthener zu den Eseln hinweist.
Altes Rathaus
Das ‚Alte Rathaus‘ wurde 1726-1730 im Barockstil durch den Baumeister Michael Spanner errichtet und ist mit einer einzigartigen, eindrucksvollen Rundtreppe versehen. Hauptportal und Plastiken sind kunstvolle Werke Rüthener Bildhauer der Barockzeit. Die Räumlichkeiten, insbesondere der beeindruckende Ratssaa, zeugen von der langen Verfassungsgeschichte Rüthens.
‚Haus Buuck‘
Das Baudenkmal ‚Haus Buuck‘ (im Foto links) wurde laut Inschrift 1609 errichtet, in dem Jahr, in welchem die Stadt Rüthen zum letzten Mal ihren Mitgliedsbeitrag an die Hanse bezahlte. 1739 überstand dieses Fachwerkhaus unbeschädigt – als eines von ganz wenigern Häusern in Rüthen – den großen Stadtbrand.
„1609, den 17ten (…) haben wir elude als Caspar Buuck und Dorotea Hotke dis haus uns und unsern kindren zu nutz und der stadt Ruden zu frommen gebawet“
Hachtor
Das als einziges von ehemals vier Stadttoren im 14. Jahrhundert erbaute Hachtor aus Rüthener Grünsandstein war ein Teil der Stadtbefestigung. Das Tor diente gleichzeitig als Gefängnis. Das Haupttor und das nicht mehr vorhandene Vortor waren über den noch teilweise sichtbaren Befestigungsgraben mit einer Zugbrücke verbunden. Die Nordseite des großen Torturms wurde damals durch ein Fallgitter gesichert. Zum Tode verurteilten Hexen wurde auf dem Weg zur Richtstätte hier die Beichte abgenommen.
Wie auch an anderen Orten des kurkölnischen Herzogtums Westfalen und Mitteleuropas war die Stadt in der frühen Neuzeit Schauplatz von Hexenprozessen. Von 1573 bis 1664 wurden in der Stadt und im Gogericht Rüthen 104 Hexenprozesse durchgeführt. Dabei sind mindestens 167 Menschen hingerichtet worden.
Historischer Stadtmauerweg
Die Stadtmauer und das Hachtor sind Überreste der im 13. und 14. Jahrhundert entstandenen massiven Befestigungsanlagen der Stadt. Diese dienten nicht nur als Absicherung gegen die Bischöfe von Paderborn und den Grafen von Arnsberg, sondern auch als Schutz der Bevölkerung zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges. Auf dem Stadtmauerweg kann man die vielfältigen Monumente der Ortsgeschichte und die zahlreichen Kulturdenkmäler einer über 800-jährigen Entwicklung innerhalb der die Altstadt umgebenden ca. 3 km langen Stadtmauer auf Schritt und Tritt erleben.
Johanneskirche
Der größte Teil des heute vorhandenen Bauwerks entstand in den Jahren 1872-1874, wobei der Turm eine ältere Geschichte hat und bereits von 1736-1737 errichtet wurde. Vorher stand an der Stelle der heutigen St.-Johannes-Kirche die wahrscheinlich älteste Pfarrkirche Rüthens, die jedoch 1833 geschlossen wurde, da sie zu baufällig geworden war.
‚Rüthener Schubstuhl‘
Der ‚Rüthener Schubstuhl‘ ist ein hängender Käfig, der bis ins 19. Jahrhundert als ‚Schandkäfig‘ oder Pranger dazu diente, die wegen Kleindelikten verurteilten Übeltäter – ähnlich wie beim Pranger – dem Spott der Mitbürger auszusetzen. Diese zeigten ihre Verachtung dadurch, dass sie den Schubstuhl durch kräftige Stöße zum Schaukeln brachten.
Wasserturm
Dieses über 35 Meter hohe Ziegelbauwerk wurde im Jahre 1909 von Ingenieur Leihäuser aus Kassel am Rande der südlichen Stadtmauer erbaut und wird nach wie vor zum Zwecke der Wasserversorgung genutzt.
Der Wasserturm überragt das Möhnetal und steht auf dem höchsten Punkt der Rüthener Oberstadt. Von einer besteigbaren Aussichtsplattform in 31 Meter Höhe bietet er herrliche Weitblicke auf den Haarstrang, die Höhen des Briloner und Arnsberger Waldes und in die Ebene des Bürener Landes.
Jüdischer Begräbnisplatz
Der Rat der Stadt Rüthen hat den jüdischen Einwohnern am 8. Oktober 1625 den Befestigungsgraben unterhalb der Stadtmauer beim Hachtor als Begräbnisplatz überlassen. Vermutlich seit dem Spätmittelalter waren dort bereits zuvor vereinzelt jüdische Begräbnisse erfolgt. Hinweise auf jüdisches Leben in Rüthen gibt es für 1447, möglicherweise auch bereits für 1279. Eine dauerhafte jüdische Bevölkerungsgruppe ist seit 1587 nachweisbar.
Das Ursprungsjahr des Friedhofs war ein Pestjahr, das auch für die jüdische Gemeinde mehr Sterbefälle als gewöhnlich bedeutet hat. In den folgenden Jahrhunderten wurden Generationen jüdischer Bürger Rüthens, aber auch dort verstorbene auswärtige jüdische Reisende dort bestattet. Nach dem Holocaust ging der Friedhof in den Besitz des Rechtsnachfolgers der örtlichen jüdischen Gemeinde, dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe, über. Die letzte Bestattung erfolgte 1958. Seither gilt der Friedhof als verwaist beziehungsweise geschlossen. Von früher etwa 200 Gräbern existieren heute auf dem ältesten jüdischen Friedhof Westfalens noch 80 auf einer Fläche von 1821 Quadratmetern.