Hätten Sie Interesse, per Los einen Jahn zugesprochen zu bekommen, dort Holz zu räumen, mit Knipp und Schöwwel Lohe zu schälen und nach dem Verbrennen der Brasen und der Einsaat zu hoachen?
Vielleicht wissen Sie gar nicht, wovon hier die Rede ist? Wenn doch, kommen Sie wahrscheinlich aus dem Siegerland und sind mit der althergebrachten Waldnutzung vertraut. Der historische Hauberg Fellinghausen vermittelt aufgrund eines Vertrages zwischen der Waldgenossenschaft Fellinghausen und der Landesforstverwaltung als eine Art Freilichtmuseum eine Vorstellung von der ursprünglichen Haubergswirtschaft und führt die Haubergstradition auf kleiner Fläche fort. Hauberg nennt man eine spezielle Form des Eichen-Birken-Niederwaldes, die mindestens 800 Jahre lang im Siegerland und Nachbargebieten verbreitet war. Hauberge bedecken auch heute noch fast ein Drittel der dortigen Waldfläche.
Die Brennholzgewinnung ist die einzige noch übrig gebliebene Nutzung des Haubergs. Denn seit gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch den Bau der Ruhr-Sieg-Eisenbahn die Holzkohle durch Steinkohle ersetzt, die Lohrinde durch synthetische Gerbstoffe abgelöst und eine moderne Viehwirtschaft mit Dauer-Weideflächen aufgebaut war, hat die Haubergswirtschaft an Bedeutung verloren. Die Erinnerung an die historisch vielfältige Haubergswirtschaft und die Fertigkeiten, die zur Durchführung der Haubergsarbeit erforderlich waren, sind leider schon fast verloren gegangen.
Historische Haubergswirtschaft
Haubergswirtschaft ist eine genossenschaftliche Nutzung des Waldes zur Gewinnung von Brenn- und Kohlholz, von Eichen-Gerbrinde, zur Erzeugung von Roggen bzw. Buchweizen sowie als Weidefläche für das Vieh. In Abständen von 16 bis 20, im Mittel von 18 Jahren, wurde der Hauberg abgeschlagen und das anfallende Holz als Stangen oder Schanzen verwertet. Die jährlichen Haubergsschläge werden vor dem 1. März auf die beteiligten Haubergsbesitzer nach ihrem Anteil von Vertrauensleuten aufgeteilt. Die Kleinteilung nach Pfennigen wird anschließend von den Mitgliedern in Jähne, also in schmale Geländestreifen vollzogen.
Zwischen dem 1. März und 20. April wird der Hauberg geräumt (mundartlich ‚gestrucht‘), d.h. Strauchwerk und Kleinholz werden mit Knipp oder Beil ausgehauen. Zweige und dünne Äste werden zu Bündeln (mundartlich ‚Stäckeböhre‘), dünne Zweige und Reisig zu ‚Schanzen‘ gebunden. Die Schanzen dienten dann als Brennholz z. B. zum Brotbacken in den Backhäusern (‚Backes‘). Danach werden die Birkenstämme und nicht schälbare Holzarten umgeschlagen, zum Abfuhrweg geschleppt und dort mit dem dicken Ende zum Weg gestapelt. Die Eichen blieben früher zunächst stehen, denn deren Rinde diente dem Ledergerben. Zuvor jedoch schlug man die Äste der Eichen mit einem starken Messer ab.
Wenn Mitte Mai in den Jungeichen der Saft stieg und ‚die Lohe geht‘, begann das ‚Lohschälen‘. Mit einem Lohschäler oder auch Lohlöffel (mundartlich ‚Schewwel‘) genannt wird die Eichenrinde, Loh genannt, von unten her am Stamm aufgeritzt und gelöst. Das obere Stück wird mit Hilfe einer sogenannten Lohleiter bis in eine Höhe von 4-5 m lediglich geschält, das untere Ende mit einem Rundumschnitt vom Stamm getrennt. Zum Trocknen bleibt das obere Ende am Stamm fest, während die Lohe frei im Wind pendelt. Tüchtige Lohschäler schafften bei günstiger feuchtwarmer Witterung eine Tagesleistung von zwei Zentnern Lohe. Nach ein paar Tagen Trocknung wurde die Lohe gebunden (‚Lohbinge‘) und noch im Hauberg mit einer genossenschaftseigenen Schwengelwaage gewogen. Die einzelnen Lohstränge werden abgenommen und mit gedrehten Birken- oder Weidenruten (‚Lohwiere‘) zu Bürden (‚Lohböhre‘) zusammengebunden.
Auf einer Lohwaage wird noch im Jahn, für jeden Genossen separat, das Gewicht der Lohbürden ermittelt und schriftlich festgehalten. Die geschlagenen Stämme des Haubergs kamen in den Kohlenmeiler um zu Holzkohle verarbeitet zu werden. Junge Eichen wurden zunächst stehend geschält, um dadurch wertvolle Gerbrinde zu gewinnen. Die Siegerländer Lohgerbereien waren begehrliche Abnehmer von Eichenlohe aus den Haubergen wegen deren glatter borkenfreier Oberfläche von 16jährigen Eichen. Die Lohernte war für die Haubergsgenossenschaften immer eine sichere und gute Einnahmequelle und für die Siegerländer Gerbereien war gute Eichenlohe von existentieller Bedeutung.
Holzkohle aus dem Kohlenmeiler zum Eisenschmelzen
Über 2000 Jahre lang war das Siegerland ein Eisenland. Hier fand man beides, was man zur Gewinnung von Eisen brauchte: große Eisenerzvorkommen und ausgedehnte Wälder. Um aus dem Erzgestein schmiedbares Eisen zu schmelzen, musste man es in einem Ofen viele Stunden lang auf etwa 1000 Grad Celsius erhitzen. Eine solch hohe Temperatur war nicht mit einem Holzfeuer, sondern nur mit Holzkohle zu erreichen. Deshalb musste das Holz erst zu Holzkohle gemacht werden. Das war das Handwerk des Köhlers. Damit aus Holz Kohle wird, muss das Holz ‚brennen‘; verbrennen durfte es dabei aber nicht. Verbrennen dürfen nur die flüchtigen Bestandteile des Holzes; sein Kohlenstoff muss erhalten bleiben. Für dieses ‚Kohlebrennen‘ errichtete der Köhler einen Meiler.
Zunächst baute er einen Schacht aus kreuzweise waagerecht übereinander geschichteten Hölzern. Dort – und nur dort – sollte später das Feuer entzündet werden, das sorgfältig kontrolliert werden musste. Um den Schacht herum wurden armdicke Hölzer von unterschiedlicher Länge kreisförmig mehr oder weniger senkrecht aufgestellt. Durch stärkere Neigung der äußeren Hölzer entstand die stumpfkegelige Form des Meilers. Dieser Kegel wurde erst mit einer Schicht dicker Grassoden oder Fichtenreisig und dann mit einer Schicht Erde abgedichtet. Der Schacht blieb zunächst oben geöffnet. Um den Meiler zu entzünden, füllte der Köhler den Schacht mit brennenden Scheiten und Holzstücken und schloss ihn mit einem Rasen- oder Eisendeckel. Dann stieß er Löcher in die Meilerhaut, zuerst ganz wenige direkt über den Erdboden und eine Reihe im oberen teil des Meilers.
Die zirkulierende Luft sorgte dafür, dass das Feuer im Schacht nicht erstickte. An der Farbe des Rauches, der aus den Luftlöchern ausstieg, konnte der Köhler erkennen, wie weit der Brennvorgang fortgeschritten war. Während der Verkohlung schrumpfte das Holz und damit der Meiler zusammen. Nach etwa 10 Tagen war der Meiler ‚gar‘. Die noch heiße Holzkohle wurde jetzt auseinandergezogen, ggf. mit Wasser gelöscht und zu den Schmelzöfen gekarrt. Dort war der Bedarf an Holzkohle riesig. Zur Ausschmelzung von 1 kg Eisen benötigte man die zehnfache Menge an Holzkohle. Und für 10 kg Holzkohle musste man 50 kg Holz im Meiler brennen.
Der Parkplatz befindet sich in Fellinghausen oberhalb der Straße „Am Hauberg“ (GPS 007°58.5174 Ost, 50°57.7298 Nord).
Ich finde das sehr wichtig was Ihr da macht, da können wir noch lernen was nachhaltige Nutzung der vorhandenen Gegebenheiten und Möglichkeiten ist.
Viele Grüße
Christoph Sting