Bummel durch Alt-Amsterdam
Die Grachtenstadt gilt als die farbigste Europas. Menschen aus aller Welt fühlen sich hier ebenso wohl wie die Bürger der weltgrößten Pfahlsiedlung. Stille traditionelle Stadtviertel locken ebenso wie das bunte kosmopolitische Treiben in den Straßen. Amsterdam ist eine Stadt mit herrlicher Architektur – vom Renaissancestil über Art Deco bis zur Amsterdamer Schule. Das Leben am und auf dem Wasser prägt die Stadt bis heute. Amsterdam kokettiert nicht damit, Metropole zu sein, das Angebot ist aber entsprechend. Zudem wird in Amsterdam manches geduldet, was anderswo verboten ist.
Der Dam
An dieser Stelle hat um 1275 alles in Amsterdam begonnen: Durch den Dam (Damm) entstanden die früheren Binnenhäfen Damrak und Rokin, die im 19. Jahrhundert zugeschüttet wurden. Der Dam sollte der Markusplatz des nordischen Venedigs werden. Hier errichteten die Dogen von Amsterdam, die »Regenten«, die Zentren ihrer Macht: Das Stadt- und Gerichtshaus (heute Königliches Palais) und die Börse. Wenngleich die Oranier nie in der Hauptstadt Amsterdam residierten sondern in Den Haag, besteigen sie traditionell in der Nieuwe Kerk aus dem 15. Jahrhundert symbolisch den Thron. Auf dem Dam steht seit 1956 das Nationaldenkmal.
Die Amstel
Die Amstel kommt aus den Amstelländer Niederungen, durchströmt Amsterdam von Süden bis zum Münzturm, geht in den Singel über, den ältesten Graben der Stadt, speist links und rechts die Grachten und mündet in die Förde Het Ij. Ein Sieldamm in der Mündung des Wasserlaufs hat der Stadt den Namen Amsterdam (Amsteldamm) gegeben. Amsterdam wurde am 27. Oktober 1275 erstmals urkundlich erwähnt und erhielt Anfang 1300 die Stadtrechte.
Die Grachten
Die Geschichte von Amsterdam ist eng mit dem Wasser verbunden. Die 165 Kanäle (Grachten) der Stadt wurden über Jahrhunderte hinweg angelegt. Als Transportwege dienten sie der Förderung des Handels, und gleichzeitig ermöglichten sie die Erweiterung der Stadt, da mit ihnen auch Land gewonnen werden konnte. Die Grachten bestimmen das Amsterdamer Stadtbild in wesentlichem Maße, und im Jahr 2010 wurde der Grachtengürtel von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Eine Fahrt auf den Grachten ist wirklich ein unvergessliches Erlebnis – ganz gleich, ob man zum ersten Mal in Amsterdam ist oder die Stadt bereits mehrmals besucht hat.
Die Brücken
1972 war die tausendste Uferverbindung eingeweiht worden; heute listet das Straßenbauamt 1281 Brücken auf. Die malerischsten bilden eine Kette in der Regulierungsgracht. Am Kreuzpunkt Herengracht/Regulierungsgracht mit dem Rücken zum Thorbeckeplein kann man sechs Brücken in einer Linie sehen. Am auffallendsten sind jedoch die innerstädtischen Uferverbindungen der Amstel: Die Blauw Brug zum zum Waterlooplein, 1883 à la Pont de Paris entworfen; sie hatte eine in Nassauisch-Blau angestrichene Vorgängerin – daher der Name. Dahinter die Magere Brug mit doppelter weißer Gehsteigklappe, an der Einmündung der Kerkstraat. Der Name bezieht sich auf die Damen Mager & Mager, die im 17. Jahrhundert reiche Parzellen besaßen. Als Drittes die Hogesluis Brug bei der Saphatistraat, 1884 vom Stadtbaumeister eigens für die Pferderennbahn entworfen. Eine steinerne Brücke ist auf Amsterdamisch immer eine »sluis« (Schleuse). Sie diente meist auch diesem Zweck und kam nur an weniger stark befahrenen Kanälen vor.
Die Giebel
In der Altstadt stehen mehr als 6800 Wohn- und Speicherhäuser unter Denkmalschutz. Sie stammen überwiegend aus dem 17. und 18. Jahrhundert und haben charakteristische Steingiebel. Die frühesten Formen sind Treppen- und Spitzgiebel; kennzeichnend für Amsterdam sind jedoch Hals- und Glockengiebel sowie fantasiereiche Gesimsgiebel mit Haube oder Balustrade. Sie verdecken einfache Spitzdächer mit roten Dachziegeln. An Herengracht und Keizersgracht bauten nur reiche Bürger, weil ausgesuchter Back- und Naturstein vorgeschrieben war. Zeitweilig galten auch einheitliche Farben für Giebel und Holzwerk. Kein Hausgiebel gleicht bei näherem Hinsehen dem anderen. Auffallend und einmalig sind an fast allen Häusern die Takelbalken: Da die Treppen schmal und steil sind, werden die Möbel per Flaschenzug durchs Fenster gehievt.
Die Zuiderkerk
Die Zuiderkerk (Südkirche) war die erste für Protestanten erbaute Kirche in den Niederlanden. Sie wurde im holländischen Renaissancestil als Backsteinkirche von 1603 bis 1611 erbaut. Die Pläne der dreischiffigen Basilika ohne Chorraum stammen von Hendrick de Keyser. Der 80 Meter hohe Turm ist für sein Glockenspiel aus der Hemony-Werkstatt bekannt. Mittags zwischen 12 und 13 Uhr ertönt es mit unterschiedlichen Musikstücken. Der Turm kann besichtigt werden und erlaubt einen ausgezeichneten Blick über Amsterdam und darüber hinaus bis zum IJsselmeer. Das schlicht gehaltene Innere der Kirche beherbergt das Grab von Baumeister de Keyser. Nach 1929 wurden in der Kirche keine Gottesdienste mehr abgehalten.
Die Oude Kerk
Die älteste Kirche der Stadt, die Oude Kerk, wurde 1306 durch den Bischof von Utrecht dem heiligen Nikolaus geweiht, dem Schutzpatron der Fischer und der Stadt. Sie ersetzte eine zuvor hier stehende Holzkirche aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. 1330 wurde die Sint Niklaaskerk in eine Hallenkirche umgebaut, etwa siebzig Jahre später wurde sie mit zwei Chorkapellen und einem Chorumgang erweitert. Gleichzeitig verlängerte man die Seitenschiffe. Da zu dieser Zeit die Nieuwe Kerk als neue Großkirche am Dam gebaut wurde, nannte man die alte Nikolauskirche bald Oude Kerk (Alte Kirche). 1566 fiel die mittelalterliche Ausstattung dem Bildersturm zum Opfer, nach 1578 erfolgte eine Neugestaltung für den protestantischen Gottesdienst. Von 1584 bis 1611 diente die Kirche auch als Börse. Die Oude Kerk ist die wohl die einzige Kirche der Welt, deren Kirchplatz fast ausschließlich von Bordellen umsäumt ist.
Die Stadtwaage
Die Stadtwaage am Nieuwmarkt gehörte als Sint Antonispoort zu den drei Verteidigungstürmen an der Wassergrenze der Stadt. Nachdem die Funktion des Stadttors obsolet geworden war, wurde das Gebäude mit den vielen Türmen im 17. Jahrhunderts zur eichamtlichen Waage für Hafen und Handel umgebaut. Das Waaggebouw beherbergte neben dem Zunftsaal der Mauerermeister das Theatrum Anatomicum der Chirurgengilde, in dem Ärzte und Chirurgen öffentliche Anatomievorlesungen abhielten, die auch Rembrandt besuchte. In den später folgenden Jahren hat de Waag die verschiedensten Funktionen gehabt. So beherbergte sie zum Beispiel von 1926-1932 das Historische Museum der Stadt. Heute befindet sich in dem traditionsreichen Gebäude ein beliebtes Restaurant mit Terrassen-Café.
Das Bredero-Denkmal
Das Denkmal für den niederländischen Schriftsteller Gerbrand Adriaenszoon Bredero befindet sich am Nieuwmarkt. Bredero wurde am 16. März 1585 in Amsterdam als Sohn des Schusters Adriaen Cornelisz Bredero und dessen Ehefrau Maryghen Gerbrandsd geboren. Er gehörte mit zu den bedeutendsten Kluchten- und Komödiendichtern der niederländischen Literatur des Goldenen Zeitalters. 1617 entstand sein bekanntestes Werk »De Spaansche Brabander«. In dieser Komödie thematisierte er sehr lebensnah das Leben in Amsterdam und für die verschiedenen Charaktere des Stücks verwendete er auch verschiedene Dialekte. Gerbrand Adriaenszoon Bredero starb am 23. August 1618 im Alter von 33 Jahren in Amsterdam.