Beschaulicher Luftkurort im Ravensberger Land
Stadtportrait
10 Kilometer südlich der Porta Westfalica entstand vor Jahrhunderten an der Mündung des Forellenbaches in die Weser an einer Furt eine Bauern- und Fischersiedlung, die im 14. Jahrhundert Vlothe (Fluss) hieß. 1100 lebten etwa dort, wo jetzt die Weserbrücke die Bahnlinie überquert, in der Wasserburg Schune die Herren von Vlotho. Als der letzte dieses Geschlechtes 1214 starb, kam die Herrschaft an die Grafen von Ravensberg. Um 1250 erhielt der kleine Ort das Stadtrecht. Im Jahre 1368 wurde die Stadt durch Mindener Truppen zerstört und sank danach für lange Zeit zu einem unbedeutenden Flecken herab. Trotz der Wirren des Dreißigjährigen Krieges erfolgte nach 1600 ein neuer Aufstieg. 1650 erhielt Vlotho, das nunmehr zu Brandenburg gehörte, wieder das Marktrecht und wuchs dank der damals gegründeten Schiffergilde so schnell, dass 1687 bereits 220 Bürgerstätten gezählt wurden. 1720 ließ Preußen den ersten regulären Ausladeplatz für den Schiffsverkehr in Vlotho anlegen, der seine Blüte um 1789 hatte. Damals gab es mehr als 400 Weserschiffe, die in Vlotho beheimatet waren. Zu dieser Zeit hatte Vlotho mit 1.350 Einwohnern immerhin halb so viele Bürger wie Bielefeld. Erste Fabriken, vor allem der Zigarren- und Zuckerindustrie, entstanden im 19. Jahrhundert. Heute erinnern nur noch Teile alter Fabrikanlagen an diese einstmals für die Stadt bedeutenden Erwerbszweige. Eisenbahnanschluss erhielt Vlotho 1875. 1928 wurde die bisherige Fähre durch eine Weserbrücke ersetzt. Die Brücke musste 1981 wegen Baufälligkeit der heute vorhandenen Brücke weichen. Das Tal des Forellenbaches wird von den Vlothoer Bergen eingeschlossen. Im Osten erhebt sich über dem Winterberg der 300 m hohe Ruschberg, im Westen die Ebenöde (237 m), als deren Ausläufer der steil aufsteigende Amtshausberg, der mit fast 150 Metern Höhe die historische Altstadt beherrscht. Seinen Namen hat der Amtshausberg nach dem Wohnsitz des Amtsmannes oder Drosten.
Die heutige St. Stephanskirche der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde von Vlotho gehörte vormals zum Zisterzienserinnen- und späteren Zisterzienserkloster Segenstal (Vallis benedictionis). Die dicken Mauern der St. Stephanskirche blieben in der wechselvollen Geschichte von der einstigen Klosterkirche des Zisterzienser-Nonnenklosters Segenstal, erbaut 1325, über die Zeit der Reformation und der Gründung der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde 1560 bis heute bewahrt. 1660 wurde das alte Kirchenschiff um ein neues erweitert. Die reiche Vlothoer Schiffergilde im 17. Jahrhundert stiftete der Kirchengemeinde wertvolles Gerät: einen Abendmahlskelch (1634), Kronleuchter und Altarkerzenständer. Ihr Zunftzeichen, das prächtige Segelschiff, hängt noch heute im Kirchenraum. Die Emporenbrüstung des Schifferpriechen zieren Bilder der Passion Jesu. Darüber signalisiert ein großes Lutherbild den Bekenntnisstand der Gemeinde. Das barocke Altarbild zeigt die Grablegung Jesu, – dem korrespondiert die Darstellung des auferstandenen Christus auf dem Schalldeckel der Kanzel. Eine Besonderheit ist auch der schwebende Taufengel im Altarraum (1762). An der Empore der Westseite findet sich ein Bilderzyklus der alttestamentlichen Könige. So vermittelt die Kirche den Gesamteindruck eines prächtigen Festsaales, der die Gemeinde zum Feiern des Gottesdienstes einlädt.
St. Johannis in Vlotho ist die Pfarrkirche der Evangelisch-Reformierten Kirchengemeinde St. Johannis, die dem Kirchenkreis Vlotho der Evangelischen Kirche von Westfalen angehört. 1732 gründeten aus dem benachbarten Lippe zugewanderte Reformierte in Vlotho eine Gemeinde. Mit Unterstützung des preußischen Königs Friedrich II. ließen sie 1783 die Kirche erbauen. Es handelt sich um einen barocken Zentralbau mit achteckigem Grundriss (Oktogon) und einer halbrunden Apsis an der Ostseite. Im Inneren befindet sich eine Holzdecke, Fenster und Eingänge wurden erneuert. 1884 wurde im Westen der Turm angebaut. Aus der Zeit der Erbauung stammen die Kanzel und der Abendmahlstisch.
Schlacht bei Vlotho
Die Schlacht bei Vlotho fand am 17. Oktober 1638 während des Dreißigjährigen Krieges nahe dem Eiberg im heutigen Vlothoer Stadtteil Valdorf/Beerenkämpen statt. 1638 zog Kurfürst Karl I. Ludwig von der Pfalz mit seinem Bruder Ruprecht und einer Armee von 1700 Mann nach Stadtlohn, wo er sich mit dem schwedischen General James King mit dessen aus 6000 Mann bestehenden Armee traf. Sie beschlossen, Lemgo zu besetzen. Die Stadt wurde am 4. Oktober erreicht und zunächst belagert. Zur gleichen Zeit sammelte auf der gegnerischen Seite Feldmarschall Melchior Graf von Hatzfeldt bei Düsseldorf eine österreichisch-sächsische Armee von etwa 8000 Mann und marschierte nach Lemgo, um die Stadt zu entsetzen. Die Belagerung von Lemgo wurde am 16. Oktober aufgehoben, um der Bedrohung auszuweichen. Artillerie und Tross sollten nach Minden marschieren; auf dem Weg dorthin wollten sie über Vlotho kommend die Gohfelder Werrebrücke überqueren. James King und Karl Ludwig nahmen an, dass Hatzfeld nach Lemgo vorstoßen würde. Dieser schickte aber seine Reiterei unter dem Grafen Westerholt nach Gohfeld, um die dortige Brücke zu zerstören, so dass der Tross die Werre nicht überqueren konnte und fest saß. Die Armee hingegen marschierte in ein enges Tal. Gegen zwei Uhr nachmittags kam die kaiserliche-sächsische Armee in Sicht, als die Kolonnen die Kirche von Valdorf erreicht hatten. Den ersten Angriff wehrten die Soldaten ab, ohne dass eine Schlachtordnung aufgebaut werden konnte. Nach drei Stunden hatten die kaiserlichen Truppen unter Hatzfeldt die schwedischen bis zur Weser zurückgetrieben. Viele Soldaten ertranken bei dem Versuch, die Weser zu durchschwimmen. Bei dieser Auseinandersetzung wurde die Kirche zu Valdorf stark beschädigt und stürzte teilweise ein. Der Feldzug endete für Kurfürst Karl Ludwig katastrophal: Seine Armee wurde völlig zerschlagen. Sein Bruder Ruprecht wurde gefangen, ebenso der verwundete schwedische General King, Generalleutnant Ferentz und zwei englische Grafen sowie zahlreiche Offiziere und über 1000 Soldaten.
Ortschaft Exter
Die Windmühle wurde 1850 im Auftrag des Landwirtes Friedrich Wilhelm Lindemann erbaut. Bis zu einem Windschaden im Jahre 1961 wurde sie von drei Generationen der Familie Lindemann im Nebenbetrieb genutzt. In den folgenden Jahren stellten sich weitere Schäden am Gebäude ein und die Mühle verfiel zu einer Ruine. In den 1980er Jahren wurde die Mühle vom Löhner Verein „Vom Korn zum Brot e. V.“ übernommen und zwischen 1985 und 1987 renoviert. Nachdem sich die Mühle in den folgenden Jahren zu einem Ausflugsziel entwickelte, zeigten sich erneut schwere bauliche Mängel, die eine erneute Renovierung erforderlich machten. Der 2004 gegründete Verein „Windmühle Exter e. V.“ übernahm 2005 die Mühle und sorgte für die neuerliche Renovierung in den Jahren 2006 bis 2009. Die Mühle wird heute für den Nah-Tourismus und für Trauungen genutzt.
Die Bauerschaft Exter gehörte ursprünglich zur Marienkirche auf dem Stiftberg in Herford. 1666 wurde in Exter eine Kirchengemeinde gegründet und die erste Kirche erbaut. Von dieser ist nur der Turm erhalten, das Kirchenschiff wurde 1951 wegen Baufälligkeit abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Im Mai 1959 wurde die Kirche, die nahe der Anschlussstelle Vlotho-West der Bundesautobahn 2 liegt, als erste evangelische Kirche in Deutschland zur Autobahnkirche geweiht. Die ursprüngliche Renaissancekirche war ein Fachwerkbau. Der erhaltene massive Westturm hat rundbogige Schalllöcher und einen dreieckig geschlossenen Eingang an der Westseite. Ein Wappenstein über dem Turmeingang zeigt das Monogramm des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm sowie das Gründungs- und Baujahr 1666. Von der alten Innenausstattung sind die Kanzel und die Emporenbrüstung erhalten. Die Orgel wurde 1962 bei Steinmann gebaut. Von den vier Glocken im Turm stammt eine aus dem Jahr 1920 als Nachguss einer zersprungenen, zwei aus dem Jahr 1954 und eine von 1964. Der Taufengel ist einer von vieren im Kirchenkreis Vlotho. Er ist eine Nachbildung des 1979 gestohlenen, der Mitte des 19. Jahrhunderts den vorherigen Taufstein ersetzte. Im Jahr 2007 wurde das Innere des Kirchenschiffes umfassend renoviert und neu gestaltet. Im Eingangsbereich des Turmes befindet sich ein Armenischer Kreuzstein an der Autobahnkirche Exter mit Darstellung des Kreuzes als Lebensbaum, der über der Weltenkugel tront. Er ist Spende einer im Ort lebenden armenischen Flüchtlingsfamilie, die so ihren Dank für die freundliche Aufnahme im Ort zeigt. Eingeweiht wurde er am 2. Mai 2008. Der Stein wurde auch als Gedenkkreuz für die Todesopfer im Straßenverkehr aufgestellt, besonders für die, die im Bereich der Autobahnkirche ums Leben kamen, der als einer der gefährlichsten Abschnitte der A2 gilt.
Ortschaft Valdorf
Valdorf, um 1055 zuerst als Valethorpe urkundlich genannt, war zunächst der Name der kleinen Bauerschaft bei der Kirche. Im Amt Vlotho bildete das Kirchspiel Valdorf die Vogtei Wehrendorf. 1843 schlossen sich die Bauerschaften Bonneberg, Hollwiesen, Steinbründorf, Valdorf und Wehrendorf zur Gemeinde Valdorf zusammen. Bad Senkelteich ist ein Moorbad im Ortsteil Valdorf. Der Name des Bades stammt von dem gleichnamigen an diesem Ort gelegenen Teich. Das ehemals als Bauernbad entstandene Moorbad ist seit 1978 staatlich anerkannter Luftkurort mit Kurmittelbetrieb. Der durch einen Erdfall entstandene Teich mit einem reichen Torfmoorvorkommen befindet sich in einem trichterförmigen Talkessel, in welchem Süßwasser- und Schwefelquellen aufsteigen. Bad Senkelteich hat seit 1982 einen etwa vier Hektar großen, öffentlich zugänglichen Kurpark, der sich entlang der Linnenbeeke bis zum benachbarten Bad Seebruch erstreckt. Bad Senkelteich wurde 1866 als sogenanntes Bauernbad von den Vlothoer Kaufleuten Karl Hartwig und Wilhelm Grube gegründet. 1874 wurde das Moorbad von August Grossmann für 25.800 Reichsmark übernommen und befindet sich seitdem im Besitz der Familie Grossmann. Heute befindet sich in Bad Senkelteich das sogenannte „Moorland“, eine Kurklinik mit Hotelbetrieb. Die Einrichtung zählt zu den letzten historischen Moorheilbädern in Deutschland und ist u. a. spezialisiert auf rheumatologische Rehabilitation. Die Moorwannen werden hier noch immer nach traditioneller Art und Weise von Hand mit dem aus dem Senkelteich gestochenen Moor befüllt.
Ortschaft Uffeln
Ob Uffeln jenes Medofulli ist, wo sich 779 die Sachsen Karl dem Großen unterwarfen, ist unsicher. Urkundlich erwähnt werden Uffeln und Borlefzen erst im 13. Jahrhundert. Zahlreiche Hünengräber auf dem Buhn und Werkzeugfunde im Wesertal weisen jedoch schon auf eine vorgeschichtliche Besiedlung hin. 1682 hatte die Bauerschaft Uffeln, die mit Holtrup bis 1858 eine politische Gemeinde bildete, 48 Höfe. Uffeln erhielt 1971 als zweiter Pfarrbezirk der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Holtrup ein eigenes Gemeindezentrum.
Wegpunkte Stadtrundgang Vlotho
WP01 N52°10.1620 E008°51.7965, Parkplatz Busbahnhof
WP02 N52°10.1530 E008°51.9450, Fährhafen
WP03 N52°10.1361 E008°51.7437, St. Johanniskirche
WP04 N52°10.0919 E008°51.7038, St. Stephanskirche
WP05 N52°10.2722 E008°51.3934, Burg Vlotho
WP06 N52°09.0775 E008°46.8301, Lindemanns Mühle
WP07 N52°08.4903 E008°46.9844, Autobahnkirche
WP08 N52°08.5425 E008°51.0789, Kirche Valdorf
WP09 N52°08.2165 E008°51.4944, Bad Seebruch
WP10 N52°08.1009 E008°51.8340, Bad Senkelteich
WP11 N52°10.0437 E008°51.7737, Uffeln
Fange gerade an, mich in diese Webseite einzulesen. So fein gemacht, gut erzählt. Selten so etwas. Uneitel. Danke