Von Hann. Münden bis Lippoldshausen
Der Werra-Burgen-Steig mit dem Wegzeichen X5 ist ein rund 500 km langer Weitwanderweg. Er beginnt in Hann. Münden im südlichen Niedersachsen und führt entlang des Flusses Werra durch das nordöstliche Hessen und das westliche Thüringen nach Masserberg. Bereits 1885 legten die Wanderfreunde des Werratalvereins den ältesten Abschnitt von der Wartburg in Eisenach bis nach Hann. Münden an. Geteilt durch die innerdeutsche Grenze, wurden weitere Trassen angelegt und nach der Wende vereinigt und schließlich 2011 bis zu den Quellen der Werra verlängert. Der 133 Kilometer lange Werra-Burgen-Steig Hessen mit der Kennzeichnung X5 H verbindet die Drei-Flüsse-Stadt Hann. Münden mit der Burg Tannenberg in Nentershausen und erschließt für den Wanderer zahlreiche entlang der Werra liegende Burgen, Wehrkirchen, Schlösser und Klöster. Der Deutsche Wanderverband hat diesen Abschnitt aufgrund seiner Wegbeschaffenheit, seines Wanderleitsystems und seines hohen Wander-Erlebniswertes als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ ausgezeichnet.
Anreise
Anreise mit dem Pkw zum Wanderparkplatz Im Ilkstal an der Bushaltestelle Quer in Lippoldshausen (Navi-Eingabe: N51°24’58″ E9°43’233″). Von dort weiter mit dem Bus zur Haltestelle Blume, Hann. Münden. Dann zu Fuß weiter über die Alte Werrabrücke zum Weserstein, dem Beginn des Werra-Burgen-Steiges Hessen.
Tourbeschreibung
Der 7,7 km lange 1. Abschnitt des Werra-Burgen-Steigs Hessen (X5 H) beginnt direkt am Weserstein. Im Jahr 1899 ließ der Fabrikant Carl Natermann einen 70 Zentner schweren Quarzit aus den Wäldern von Hann. Münden an die nördliche Spitze der Insel Tanzwerder stellen, an der die Flüsse Werra und Fulda sich zur Weser vereinigen, die nach rund 450 km bei Bremerhaven in die Nordsee mündet. Im Jahr 2000, zum Anlass der in Hannover stattgefundenen EXPO, bekam der alte Weserstein einen jungen Nachbarn: Der enttäuschte Fluss. Auf der angebrachten Tafel sind die Gedanken des bulgarischen Künstlers Nedko Solakov verewigt. Vorbei an einem großen Parkplatz und einem in interkulturellen Garten verlassen Sie den Tanzwerder über eine überdachte Holzbrücke, an dessen Ende die Uferstraßen Bremer und Kasseler Schlagd zusammentreffen. Mit „Schlagd“ werden die innerörtlichen Uferzonen bezeichnet, die für das Beladen der Kähne sowie der Löschung der Ladung befestigt wurden. Links in der Bremer Schlagd sehen Sie das Hotel Alter Packhof, nach rechts sind es nur gut 200 m entlang der Kasseler Schlagd zum Fährpfortenturm. Geradeaus geht es über die Mühlenstraße zum Marktplatz. Hier schließt sich die Marktstraße an, die Sie schnell zum nahen Welfenschloss mit einer kleinen Parkanlage bringt. Halten Sie sich an dessen Rand zunächst für ein paar Meter rechts und durchqueren den Park vor dem Hampeschen Turm nach links. Dann folgen Sie geradeaus der Böttcherstraße und passieren die Verwaltung des Naturparks Münden. Die Route führt nach links um das Gebäude herum in die Mitscherlichstraße. hier befindet sich zur Rechten der Botanische Garten. An der T-Kreuzung biegen sie nach rechts in den Werraweg ein und wandern an dessen Ende über die Werrabrücke. Nach dem Überqueren des Flusses halten Sie sich rechts und folgen der Hedemündener Straße (B80) für etwa 650 m bis zum Abzweig Bebelstraße. Sobald Sie in die Straße eingebogen sind, verlassen Sie sie auch schon wieder, denn über einen ansteigenden Pfad lassen Sie nun die Dreiflüssestadt Hann. Münden hinter sich. Zunächst wandern Sie 500 m an einem Wohngebiet entlang, zweigen dann aber nach rechts ab in das Waldgebiet und gelangen zur schönen Kramberg-Schutzhütte, von der sich ein erster Blick ins Tal mit der tief unter Ihnen fließenden Werra und einem Wasserkraftwerk bietet. Im Hintergrund überspannt die Brücke der Autobahn A7 das Werratal. Der Wegeverlauf führt kurze Zeit später bergab, macht in Höhe eines Wohnhauses eine scharfe Rechtskurve, dann wandern Sie auf einem Pfad nach links an einem Wohnhaus vorbei. Unmittelbar danach stehen Sie vor dem Ilksbach und der Kreisstraße K210. Der Werra-Burgen-Steig Hessen setzt sich nach links entlang der Straße fort, wobei der Ilksbach mehrmals über Holzbrücken überquert wird. Wenn Sie der Kreisstraße einige Meter nach rechts bis zur B80 folgen, gelangen Sie zur Werra und dem Hotel Schlafschön mit dem Gasthaus Letzter Heller. Kurz vor den ersten, bereits zu Lippoldshausen gehörenden Häusern queren Sie die Straße und folgen dem leicht ansteigenden Weg hinauf in den Wald. Im weiteren Verlauf verengt sich der Weg zu einem Pfad. Vor dem Waldrand steigen Sie ein kurzes Stück nach rechts ab, überqueren auf einer Holzbrücke den Bach und stoßen auf einen asphaltierten Wirtschaftsweg. Bevor Sie zur Brücke absteigen, können Sie nach links einen ca. 100 m kurzen Abstecher zur ehemaligen Lippoldsburg machen. Von dem eigentlichen Gemäuer ist heute allerdings nichts mehr zu sehen. Biegen Sie auf den Asphaltweg nach links ab. An Wiesen und Feldern vorbei erreichen sie eine Kreuzung mit einer Feldscheune. Der Werra-Burgen-Steig Hessen zweigt hier nach links ab in das Dorf Lippoldhausen. Über den Lippoldsburgweg gelangen Sie zur Ilksbachstraße (K210). Zur Linken befindet sich das Landgasthaus Zum Krug, auf der rechten Seite das Gasthaus Zur Brücke.
Hann. Münden
1247 stattete der Braunschweiger Herzog Otto I. die Stadt Münden mit dem Stapelrecht als Privileg aus. Dies verhalf der Stadt zu einem großen Aufschwung und wurde erst 1824 aufgehoben. Vorteilhaft für Münden wirkte sich auch die Felsbarriere des Werrahohls am Rande der Stadt aus, das die Schiffer zum Abladen ihrer Waren in der Stadt zwang. Erst der Bau einer Staustufe mit Schleuse und Nadelwehr in der Werra in den 1870er Jahren beseitigte dieses jahrhundertealte Schifffahrtshindernis. Im 16. Jahrhundert war Münden durch den Weserhandel die wichtigste Handelsstadt bis Bremen für Waren vor allem aus Thüringen. Entsprechend entstanden am westlichen und nördlichen Altstadtrand die Schlagden als Handels-, Umschlags- und Anlegeplätze an den Schifffahrtswegen Werra und Fulda. An der Werra lag die Wanfrieder Schlagd und an der Fulda die Bremer sowie die Kasseler Schlagd, an denen die noch heute vorhandenen Lagerhäuser des Packhofs und des Alten Packhofs errichtet wurden. Gehandelt und auf der Weser transportiert wurden vor allem Färberwaid, damals ein wichtiges blaues Färbemittel, Glas, Textilien und Flöße mit Holz und Getreide aus Thüringen. Von der Nordsee kamen weseraufwärts Heringe und andere Fische. 1342 wurde die Stadt von der Magdalenenflut heimgesucht. Ein Gedenkstein an der St.-Blasius-Kirche gibt mit gotischen Schriftzügen darüber Auskunft und markiert zugleich die größte Höhe des damaligen Wasserspiegels. Durch ihre Heirat 1525 mit Erich I., in dessen Fürstentum Calenberg-Göttingen die Stadt Münden lag, bekam Elisabeth von Brandenburg Münden als Leibzucht und Herrschaftsgebiet zugesprochen. Elisabeth kam früh mit den Ideen der Reformation in Berührung und holte den Reformator Antonius Corvinus nach Münden. Nach dem Tod Erich I. im Jahre 1540 übernahm Elisabeth vormundschaftlich die Regierungsgeschäfte für ihren noch minderjährigen Sohn Erich II. und herrschte mit Residenzsitz in Hann. Münden bis 1546. In dieser Zeit, also noch vor dem Augsburger Religionsfrieden, setzte sie den Protestantismus durch. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Stadt am 9. Juni 1626 (Blutpfingsten) nach mehrtägigem Beschuss durch die Söldner Tillys eingenommen und ein Großteil der Bevölkerung umgebracht. Johann Andreas Eisenbart war ein bekannter Arzt in der Barockzeit, der durch diverse Heilungen bekannt wurde. Als Frembder wurde Eisenbart am 11. November 1727 in der St. Aegidienkirche beigesetzt. In der Tat verbachte der seinerzeit berühmte Wundarzt nur die letzten Wochen seines Lebens in Hann. Münden, wo er im Gasthof ‚Zum wilden Mann‘ Quartier bezog. Er gilt heute als Symbolfigur für Hann. Münden.
Die Märe vom Letzten Heller
In vergangenen Raubritterzeiten als sich längs der Werra der große Handelsweg von Süden, aus Bayern kommend, nach Norden bis Bremen hinaufzog, machte Helmo von der Lippoldsburg im Verein mit seinen Schwägern von der Brackenburg und den Herren von der Spiegelburg manchen Beutezug. Nach den Überfällen auf die Kaufleute schwelgten sie gerne im Wegekrug am Eingang des Ilkstales bei Veit Meier, dem Wirt. Eines solchen abends verspielte Helmo beim Würfeln einen Batzen nach dem anderen, bis er schließlich den letzten Heller aus dem Beutel zog und diesen zusammen mit seiner Burg auf den letzten Wurf setzte. Das Unglück nahm seinen Lauf und Helmo stürmte unter dem höhnischen Gelächter seiner Kumpanen hinaus. Draußen prallte er auf eine finstere Gestalt, den Teufel, der ihm einen schweren Beutel Geldes einhändigte gegen das Versprechen, keinem Geistlichen auf seiner Burg Aufenthalt oder Obdach zu gewähren. Helmos kluger Gemahlin Lisella, einer frommen Frau, waren Leibeserben lange versagt geblieben, so dass sie eines Tages heimlich einen Bittgang zum Kloster Mariengarten unternommen hatte. Ihre Gebete waren erhört worden und so gebar sie in der gleichen Nacht einen Knaben. Zur Tauffeier hatte sie einen Pater aus Mariengarten kommen lassen und beherbergte ihn in der Burg. Als anderntags Helmo mit Verwandten, Nachbarn und Freunden an der prunkenden Tafel schwelgte, stürmte ein unbekannter Knappe herein und berichtete von einem Zug mit reichen Schätzen Bremer Kaufleute, der sich von Münden talaufwärts ziehe. Die Männer konnten nicht widerstehen und stürmten unter Führung des Knappen hinaus in den düsteren undurchdringlichen Nebel im Tal. Von einem Warenzug war nichts zu hören oder zu sehen und so kehrten die Männer unverrichteter Dinge zurück, allerdings ohne Helmo, der im Wald versprengt worden war. Am ändern Tag fand sich lediglich Helmos Ross ein und erst nach langem suchen fanden die Knechte in einem an der Werra aufwärts gelegenen alten Steinbruch den Ritter Helmo mit umgedrehtem Halse. Der Teufel hatte ihn geholt. In Erinnerung an jene schreckliche Zeit und Begebenheit nannte man später den alten Steinbruch die ‚Mordkammer‘ und den Wegekrug von Veit Meier den ‚Letzten Heller‘. (Sage aus dem südhannoverschen Bergland, gesammelt von Karl Sittig, 1924)
Lippoldshausen
Das Dorf Lippoldshausen, gelegen im idyllischen Werratal, ist ein Ortsteil der Stadt Hann. Münden. Die Geschichte des Ortes reicht bis in das 10. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit diente die Lippoldsburg – gelegen auf dem Bergsporn oberhalb des Unterlaufes des Ilksbaches westlich der heutigen Ortslage – als Fluchtburg und übernahm die Schutz- und Überwachungsfunktion der Werrafurt am Letzten Heller. Viele Gebäude sind auf hohen Sandsteinquadersockeln errichtet, stockwerkweise abgezimmerte Fachwerkbauten mit steilen Satteldächern und Zwerchhausaufbauten, die noch an die ursprüngliche Lagerung wirtschaftliche Produkte im Dachraum erinnern. Auch die vorgelagerten Sandsteintreppen tragen zur Wirkung der Fachwerkbauten bei. Zahlreiche der im 18. Jahrhundert errichteten Bauten weisen neben den Inschriften auf den Schwellen des vorragenden Obergeschosses auch verzierte Eckständer und vereinzelt noch dekorierte Portalgewänder aus der Bauzeit des Hauses auf. Die auf einer Anhöhe stehende Pfarrkirche bildet gemeinsam mit der platzumschließenden ringförmig angeordneten Fachwerkbebauung einen gut erhaltenen und ungestörten Ortskern, der im Rahmen der Dorferneuerung 1994 seine neue Form bekam. Mit einem wuchtigen Wehrturm aus der Zeit um 1200 ausgestattet, bot die Dorfkirche früher Zuflucht bei Gefahren. Das alte Gemäuer in dem Turm ist mit farbigen Wandmalereien ausgeschmückt. Angefertigt wurden sie 1494, wiederentdeckt bei der Restaurierung der Kirche im Jahr 1911. Zutritt bekommt der Besucher durch zwei Durchgänge im ebenfalls sehenswerten Barockaltar des Gotteshauses. Komplett bemalt ist die Nordwand des Raumes links des Eingangs. In dreizehn Bildern werden biblische Szenen von Jesu Einzug in Jerusalem über das Abendmahl bis zur Gefangennahme und Geißelung Jesu Christi dargestellt. Fortgesetzt wird die Leidensgeschichte an der Seitenwand des Durchgangs: Dort zeigen Bilder die biblischen Geschehnisse Kreuzigung und bis zur Auferstehung. Auf der Südwand ist über dem Fenster die Verkündigung an Maria durch den Engel dargestellt. An der Wand sind noch einige der ehemals kompletten zwölf Apostelgestalten erkennbar. Petrus mit dem Schlüssel; Johannes mit dem Kelch; Bartholomäus mit dem Messer, und Jacobus mit der Keule. Zwei weitere Apostelbilder sind an der Ostwand erhalten. Dort ist auch die Enthauptung Johannes des Täufers bildlich festgehalten, außerdem ein vom Teufel Besessener. Die Decke ist mit Medaillonbildern geschmückt. Sie zeigen das Lamm Gottes und die Evangelistensymbole Stier (Lukas), Engel (Matthäus) und Adler (Johannes).
Wegpunkte Werra-Burgen-Steig Hessen – Abschnitt 1
WP01 N51°25.2574 E009°38.9033, Weserstein
WP02 N51°24.9718 E009°39.5205, Der Denker
WP03 N51°24.5956 E009°42.5052, Letzter Heller
WP04 N51°24.7670 E009°42.8875, Lippoldsburg
WP05 N51°24.9609 E009°43.7292, Zur Brücke
WP06 N51°25.0148 E009°43.6489, Dorfkirche Lippoldshausen
WP07 N51°24.9742 E009°43.4136, Wanderparkplatz Im Ilkstal
Werra-Burgen-Steig Hessen Abschnittskarte (pdf)
Werra-Burgen-Steig Hessen – Abschnitt 1 (gpx)
Fotoalbum Werra-Burgen-Steig Hessen – Abschnitt 1 (Flickr)