Pilgern auf dem Sigwardsweg – Etappe 1

Die Weser bei Neesen

Unterwegs von Minden nach Hausberge

Modell Minden im MittelalterDer Sigwardsweg verläuft entlang der wichtigsten historischen Stätten der Region. Doch es sind zwei besondere Orte, die als Ziele erreicht werden können. Beide Orte sind verbunden durch das Denken und Schaffen des Bischofs Sigward, der für das damalige Bistum Minden eine entscheidende Bedeutung hatte. Am ehemaligen Bischofssitz Minden lebte und arbeitete Bischof Sigward von 1120-1140. In der kleinen Ortschaft Idensen vor den Toren Hannovers erbaute Bischof Sigward 1134 eine Eigen- und Grabeskirche und stattete sie mit den kostbarsten mittelalterlichen Fresken aus, die heute in Mitteleuropa zu finden sind. Bischof Sigward war der 25. Bischof von Minden und übte sein Amt von 1120 bis 1140 aus. Er stammte aus Pilgerstation in der Stiftskirche „St. Marien“ in Obernkirchenhohem sächsischem Adel. Seine Familie war mit den Grafen von Schaumburg-Holstein verwandt und besaß Ländereien westlich von Minden zwischen Weser und Leine. Als Eigen- und Grabeskirche ließ er in den Jahren 1129-1134 auf seinem Vorwerk Idensen die heutige Sigwardskirche erbauen, die er der Heiligen Ursula und den 11.000 Jungfrauen weihte. Die im damaligen Herzogtum Sachsen einmalige Gewölbearchitektur und die Monumentalfresken, mit denen er die Kirche innen ausmalen ließ, machen aus der Kirche in überregional bedeutendes Bau- und Kunstdenkmal. Sigwards Wahlspruch ist in der Schmuckfläche des Südportals eingraviert: Sum quod eram, nec eram quod sum – Ich bin, der ich war, war aber nicht, der ich bin.

Anreise

Anfahrt mit dem Pkw zum Parkplatz am Bahnhof Porta-Westfalica (Navi-Eingabe: N52°14’33″ E8°55’16″). Weiter mit der Bahn von Porta Westfalica zum Etappenbeginn  nach Minden (Westf).

Tourbeschreibung

Kaiser-Wilhelm-DenkmalDie Wanderung beginnt in Minden an der Fußgängerbrücke am Parkplatz „Kanzlers Weide“. Sehenswert sind der 1200-jährige Dom mit Domschatzkammer, die St.-Marien-Kirche, die St.-Martini-Kirche, die St.-Simeonis-Kirche sowie die Petri-Kirche. Von Minden aus geht es in südlicher Richtung entlang der Weser, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal im Blick, nach Barkhausen. Hinter Barkhausen beginnt der Aufstieg in das Wiehengebirge. Auf dem Wittekindsberg gelangt man zur Margarethenklus, einer Kapelle, die wohl zu einem von Bischof Milo im Jahr 992 gegründeten Benediktinerinnenkloster gehörte. Ganz in der Nähe befinden sich Margarethenklusdie Fundamente einer Kreuzkirche aus dem 9. bzw. 10. Jahrhundert. Am Kaiser-Wilhelm-Denkmal beginnt ein steiler Abstieg, anschließend überquert der Weg die Weser und dann wird als erstes Etappenziel Hausberge erreicht. Der Weg führt an der Pfarrkirche St. Walburga hinauf in das Wesergebirge bis zur Porta-Kanzel, dem ehemaligen Standort einer Antoniuskapelle, mit herrlichem Blick auf die Weser und das Wiehengebirge. Wegmarkierungszeichen: braunrote Kreisform mit braunrotem Kreuzsymbol und weißen Zwischenräumen auf braunrotem Grund, auf dem Rand in Weiß Sigwards Wahlspruch Sum quod eram, nec eram quod sum. Etappenlänge 11 km.

Minden

Kirche St. Marien in MindenDas Gebiet des Bistums Minden reichte von der Hunte im Westen bis in die Lüneburger Heide im Nordosten und umfasste damit weite Teile des historischen Engern. Das Bistum unterstand der Kirchenprovinz Köln. Minden selbst war eine der größten Städte im Bistum, lag jedoch in einer südlichen Randlage des Bistums. Das Bistum wurde um 800 ausgerufen. In der Reformation Mitte des 16. Jahrhunderts näherte sich das Bistum der protestantischen Lehre an und "Alte Münze" in Mindenwurde 1648 de facto aufgehoben. Als weltliches Herrschaftsgebiet der Mindener Bischöfe bestand daneben das Hochstift Minden, das 1648 mit dem Ende des Bistums säkularisiert wurde und als Fürstentum Minden an Brandenburg-Preußen fiel. In preußischer Zeit war Minden Verwaltungssitz des Fürstentums Minden sowie ab 1719 von Minden-Ravensberg. Nach dem Ende der alten Reichskirche in den napoleonischen Wirren wurde in den 1820-er Jahren eine neue Proviant-Magazin der preußischen Festung MindenDiözesangliederung in Anlehnung an die neuen politischen Grenzen geschaffen. Dabei kamen die westlichen Gebiete der alten Diözese Minden zum Bistum Osnabrück, die meisten Gebiete östlich der Weser zum Bistum Hildesheim. Die südlichen Gebiete um die Bischofsstadt, die nun zur preußischen Provinz Westfalen gehörten, wurden dem Erzbistum Paderborn zugeschlagen. Damit wurde 1821 das Bistum endgültig aufgehoben und der Dom war ab da nur noch einfache Pfarrkirche.

Mindener AltstadtDie Altstadt in der ehemaligen Bischofsstadt Minden bietet mit der Ober- und der Unterstadt eine einzigartige historische Kulisse. Erstmals Mindener Buttjer an der Martinitreppeerwähnt wurde die Stadt in den Fränkischen Reichsannalen 798. Karl der Große gründete um 800 das Bistum Minden. Über 1200 Jahre Stadtgeschichte kann man bei einem Rundgang erleben. Zentraler Anlaufpunkt und das Herz der Stadt bildet der Marktplatz mit seinen geschichtsträchtigen Gebäuden wie das Rathaus mit dem ältesten gotischen Laubengang Westfalens, der prächtige über 1000-jährige Dom mit der Domschatzkammer, Haus Schmieding, die Löwenapotheke und die Speicherhäuser. Über die Martinitreppe erreicht man die Oberstadt mit dem Martinikirchhof und der Ratskirche St. Martini.

Die Neue Regierung in MindenWeitere sehenswerte Kirchen sind St. Marien, St. Simeonis und St. Johannis. Hier erblickt man dann auch den wuchtigen Bau des ehemaligen Proviant-Magazins und der Heeresbäckerei. Weitere Sehenswürdigkeiten sind das Puppenhaus und die Alte Münze. Aber auch ein Spaziergang an der Weser offenbart einem viel Sehenswertes. Hier finden wir die Schiffmühle an der Weserpromenade, den Schwanenteich mit den ehemaligen Bastionsmauern und das ehemalige Regierungsgebäude („Neue Regierung“) mit dem Manzelbrunnen.

Mindener DomDer Mindener Dom war die Bischofskirche des um 800 von Karl dem Großen in Minden gegründeten Bistums Minden. Die katholische Diözese näherte sich bereits Mitte des 16. Jahrhunderts in der Reformation dem Protestantismus an. Mit dem Westfälischen Frieden 1648 wurde die Diözese de facto aufgehoben, ebenso wie das aus der Diözese als geistliches Territorium entstandene Fürstbistum Minden. Nach Aufhebung des Bistums erhielt der Dom den Status einer Dom und Alte Regierungrömisch-katholischen Pfarrkirche, die 1859 zur Propsteikirche erhoben wurde. Heute gehört er zum Erzbistum Paderborn. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs der Dom baugeschichtlich von einer einfachen Saalkirche über eine karolingisch-romanische Basilika mit monumentalem Westwerk zur heutigen gotischen Hallenkirche mit romanischem Westriegel. Das lichtvolle, hochgotische Langhaus und seine großen Maßwerkfenster waren stilprägend für eine Reihe späterer Kirchenbauten.

Altes RathausDas Alte Rathaus ist seit 1260 Sitz des Rats der Bürger, später des Magistrats und der Stadtverwaltung. Der Rat der Stadt Minden hatte sich 1260 soweit etabliert, dass er ein eigenes repräsentatives Gebäude verlangte. Er ließ daher an der Nordseite des Marktes in unmittelbarer Nachbarschaft zur Domfreiheit das als Neue Werk bezeichnete Rathaus errichten. Das Bauwerke unterstrich mit seinem Laubengang und dem Steinbau die Macht  des Rates gegenüber dem Bischof von Minden. Der an dieser Stelle schon stehende, nicht repräsentative und schmucklose Vorgängerbau, das Alte Werk, wurde im Neubau mit eingeschlossen.

Das Schmiedingsche HausDas 1909 von dem Kaufmann Hermann Schmieding errichtete Gebäude „Schmiedingsches Haus“ mit seiner malerischen Fachwerkfassade ist ein typisches Beispiel für die historistische Baukunst, die ihre Formen aus Baustilen vergangener Epochen schöpfte. Hier ist es die nordische Renaissance, auf die durch die Fachwerkgliederung, den vorragenden Erker und das sehr steile Dach Bezug genommen wird. Auch die reichen Pflanzenornamente weisen auf die Renaissance zurück, zeigen aber gleichzeitig deutliche Jugendstileinflüsse. Über Markt Mindendem Erdgeschoss zeigt ein Fries in scherenschnittartiger Ausführung Bilder aus der Mindener Geschichte: Widukinds Taufe bei Minden 785, die Hochzeit Heinrich des Löwen mit der englischen Königstochter im Mindener Dom 1168, der Besuch Kaiser Karls IV. 1377, die Reformation 1529, die Belagerung der Stadt durch die Schweden 1633, der Besuch des Großen Kurfürsten 1673, eine preußische Ballszene von 1780, die französische Zeit 1806, die Eröffnung der Köln-Mindener Eisenbahn 1847 und die moderne Zeit mit Auto, Rad und Zeppelin 1909.

Denkmal des Großen Kurfürsten am Wesertor in MindenDas bronzene Denkmal auf einem Sandsteinsockel des Großen Kurfürsten befindet sich am Wesertor in Minden und damit am alten östlichen Stadteingang, an dem früher die Furt über die Weser ging und heute die Weserbrücke den Verkehr über die Weser leitet. Das Denkmal zeigt Friedrich Wilhelm von Brandenburg, Markgraf von Brandenburg, Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches und Herzog in Preußen, der ab 1675 den Beinamen „Der Große Kurfürst“ trug. Es erinnert an die Angliederung des Hochstifts Minden an Brandenburg-Preußen im Jahre 1648 im Rahmen des Westfälischen Friedens.

Mindener Schiffmühle Die erste urkundliche Erwähnung von Mindener Schiffmühlen geht auf das Jahr 1326 zurück, als die Stadt gleich sechs Liegeplätze für Schiffmühlen auf der Weser verpachtete. Auf einem Minden-Kupferstich aus dem Jahr 1650 sind zwölf Schiffmühlen zu sehen, die auf der Weser im Schutz der Stadtmauer gestaffelt nebeneinander lagen. Als sich die Dampfschifffahrt auch auf der Weser verstärkt durchsetzte und die Schiffmühlen im Weg lagen, verschwanden diese zusehends. Wie eine alte Stadtansicht zeigt, lag  Anfang des 19. Jahrhunderts vermutlich nur noch eine Schiffmühle vor den Mauern der Stadt.

Porta Westfalica

Das Römerlager in BarkhausenBei dem Römerlager Porta Westfalica handelt es sich um ein Marschlager römischer Truppen aus der Zeit des Kaisers Augustus. Es wurde im Juli 2008 entdeckt und befindet sich im Ortsteil Barkhausen auf dem linken Weserufer. Zu den Funden gehören eine Aucissafibel, eine Bronzemünze des keltischen Stammes der Remer, deren Angehörige im römischen Heer als Hilfstruppe dienten, Schuhnägel von Legionärssandalen, ein Verschluss eines Kettenpanzers, Bleilote, die zur Geländevermessung dienten, sowie ein eiserner Zeltnagel. Darüber hinaus konnten fünf Feldbacköfen lokalisiert werden. Bereits 1950 Dorfkapelle Barkhausenwurde in etwa 150 Meter Entfernung vom heutigen Ausgrabungsfeld eine römische Goldmünze aus augusteischer Zeit entdeckt. Die Funde weisen auf eine Anwesenheit römischer Truppen während der Germanenkriege, also von 12 v. Chr. bis 16 n. Chr., hin. Dabei dürfte das Lager jedoch nicht dauerhaft besetzt gewesen sein, sondern nur zum zeitweiligen Aufenthalt gedient haben. Darauf gründet sich die Vermutung, dass im Römerlager in der Porta Westfalica das Sommerlager des Varus zu suchen ist, von dem aus er in die Schlacht zog. Es ist auch möglich, dass Germanicus im Jahre 16 an der hier gelegenen Weserfurt die Schlacht am Weserübergang bestritt.

Blick auf den Jakobsberg in HausbergePorta Westfalica hat rund 37.000 Einwohner. Die heutige Stadt entstand im Rahmen der Gemeindegebietsreform 1973 durch einen Zusammenschluss von 15 Gemeinden. Als Stadtzentrum und Verwaltungssitz fungiert der Stadtteil Hausberge. Eine erste Besiedlung des heutigen Stadtgebiets ist seit 1019 schriftlich belegt. Die erste bekannte Ansiedlung an diesem Ort datiert man auf das Jahr 1096, als erstmals die Schalksburg urkundlich erwähnt wurde. Marktplatz in HausbergeSie war damals im Besitz der Herren vom Berge, die bis 1397 die Vogteirechte im Hochstift Minden ausübten. Die Schalksburg entwickelte sich daher zu einem bedeutenden Verwaltungssitz der Region und war Jahrhunderte Sitz des Amtes Hausberge. Erstmals im Jahre 1353 wurden auch Burgleute bekundet, welche in der nunmehr Haus zum Berge genannten Burg residierten. Die umgebende Siedlung wurde mit der Zeit nach der Burg Hausberge genannt. Die Marktrechte wurden 1618, die Stadtrechte 1720 vergeben.

Weserbrücke in Porta-WestfalicaDer Ort lag abseits der Hauptverkehrswege und entwickelte sich daher in der Folgezeit nur langsam. Auch als das Fürstbistum Minden 1648 an Brandenburg-Preußen fiel, blieb Hausberge Sitz des nun preußischen Amtes Hausberge. Zwar verblasste die Bedeutung des Amtes nach Gründung Minden-Ravensbergs und der Einführung landrätlicher Bezirke zusehends, aber dennoch sollte das Amt Hausberge bis zum Ende des Fürstentums Minden Bestand haben. Bahnhof Porta Westfalica1806 fiel das Gebiet an das napoleonische Frankreich und wurde 1807 dem damaligen Königreich Westphalen eingegliedert. Ein größeres Wachstum von Hausberge setzte erst mit dem Bau der Stammstrecke der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft im 19. Jahrhundert ein. 1864 wurde die erste Weserbrücke im heutigen Stadtgebiet zwischen Barkhausen und Hausberge errichtet, damals eine Kettenbrücke. 1896 wurde das Wahrzeichen der Stadt, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal erbaut.

Wegpunkte Sigwardsweg – Etappe 1

Route Sigwardsweg Etappe 1

WP01   N52°17.3306 E008°55.1583,   Mindener Dom
WP02   N52°17.1936 E008°55.2219,   Beginn Etappe 1
WP03   N52°16.9659 E008°55.1713,   Rastplatz Kleines Amphitheater
WP04   N52°15.3968 E008°54.6063,   Römerlager
WP05   N52°15.2554 E008°54.4027,   Kapelle Barkhausen
WP06   N52°14.8399 E008°53.0378,   Berghotel Wittekindburg
WP07   N52°14.7653 E008°53.4264,   Moltketurm
WP08   N52°14.7137 E008°54.3317,   Kaiser-Wilhelm-Denkmal
WP09   N52°14.5556 E008°55.2661,   Parkplatz Bahnhof Porta-Westfalica

Stadtplan Minden (pdf)
Route Sigwardsweg Etappe 1 (gpx)
Fotoalbum Sigwardsweg Etappe 1 (Flickr)

Über Dieter

Nach fast 50 Jahren Berufstätigkeit seit dem 1.10.2012 im Ruhestand. Meine freie Zeit verbringe ich mit Fotografieren, ehrenamtlicher Web-Administration, Desktop Publishing, Digitalisierung von Fonts, Digitalisierung von Hörspielen usw. Daneben interessiere ich mich für Theater und für Kunstgeschichte sowie Geschichte allgemein.
Dieser Beitrag wurde unter Ostwestfalen, Weserbergland abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert