Grenzerfahrungen am Ewigen Fuhrmann
Anreise mit Pkw zum Wanderparkplatz Limbachtal in Kreuztal-Littfeld (GPS-Eingabe: N51°0’55″ E7°57’51″). Wanderkarte Kreuztal, Maßstab 1:25.000, Herausgeber Stadt Kreuztal.
Tourbeschreibung
Der 10,5 km lange Rundweg Langebachtal (Markierung A3) startet am Wanderparkplatz Limbachtal nahe dem Birkenhof in Littfeld. Zu Beginn des Weges schauen wir auf das alte Bergmannsdorf Littfeld mit dem Kindelsberg im Hintergrund. Nach einigen Wendungen durch Wald- und Weideland führt der Weg westlich am Burberg mit dem Jüdischen Friedhof vorbei stetig im Wald bergan dem Langebachtal folgend durch den Drewer Wald. Zwischen Langebachs Köpfen und der alten Landhecke mit dem tiefen Graben, der dem Wegverlauf folgt, geht es in nordwestlicher Richtung zum Wanderparkplatz Graevenstein. Vom Kölschen Heck bei Graevenstein geht es zurück nach Süden, vorbei an den Windrädern des Ewigen Fuhrmanns und der dortigen gleichnamigen Quelle. Das klar sprudelnde Wasser lädt ein zur Erfrischung, sagt aber nichts aus über die Herkunft des merkwürdigen Namens. Der Weg wendet sich bald bergab, passiert kurz vor Beendigung der Runde eine liebevoll gepflegte Streuobstwiese und gibt bald wieder den Blick auf Littfeld mit dem Kindelsberg frei. Für diese mäßig schwere Tour wird wetterfeste Kleidung und festeres Schuhwerk empfohlen.
Grenzerfahrungen in früheren Zeiten
Die Markierung der Grenze erfolgte in alten Zeiten durch Malsteine und markante Bäume (Malbäume), Diese Grenzzeichen waren nach germanischem Recht als heilig und unverletzlich anzusehen. Vom Grenzbaum durften bei Todesstrafe weder Laub noch Zweige abgehauen werden. Die Malsteine durften nach Volksglaube und Sage nicht wissentlich versetzt werden. So heilig galt der Grenzstein, dass schon ein Draufsitzen als Übel betrachtet wurde. Über den feierlichen Rechtsschutz hinaus wird bei den Germanen ursprünglich ein bestimmter Grenzkult angenommen. Reste dieses Grenzkultes stecken möglicherweise in den traditionellen Grenzbegehungen (Schnadegang). Über 300 Jahre haben Grenzstreitigkeiten zwischen den Kölschen und den Siegerländern die Menschen in den Dörfern an der Grenze nachhaltig beeinflusst, Kleine und große Fehden beschäftigten die Gerichtsschreiber hüben wie drüben. Ein langer Grenzstreit begann 1480; die Brachthäuser sollen ihn begonnen haben, da sie sich durch die nahe bei ihrem Ort liegende Landwehr sehr beengt fühlten. Nach und nach griffen die Fehden auf immer mehr Gemeinden nahe der Grenze über. Aus dem Jahre 1563 wird notiert, dass die Heinsberger, Brachthäuser und Silberger mit den Oberdorfern, Helberhäusern, Hilchenbachern und Müsenern, die Neuenkleusheimer mit den Littfeldern, die Altenkleusheimer mit den Bockenbachern in heftiger Feindschaft lebten. Zunächst ging es um die Hude im Grenzwald. Bald kamen andere Übergriffe hinzu. Die „Kölschen“, so behaupten die Siegerländer, schlugen auf nassauischem Gebiet Holz und fuhren es fort, verbrannten den Siegerländern das Korn in den Haubergen des Grenzgebietes oder ernteten es für sich. Sie sollen Grenzbäume entfernt haben, einen Teil der Landwehr gefällt und den Wallgraben zugeworfen haben. Nach einer Vielzahl von Grenzkämpfen und Grenzgängen andererseits, einigte man sich schließlich am 8. März 1688 durch einen beiderseitigen Vergleich die Grenze zwischen Kurköln und Nassau-Siegen „für ewig und alle Zeiten“ festzulegen und zwar durchweg über die Wasserscheide vom Dreiherrnstein bei Heinsberg bis zum Hühnerkamp. Am 11. und 12. Mai 1690 vollzog man die feierliche Grenzsteinsetzung entlang der dornigen Landhecke. Aber bereits wenige Tage nach der Steinsetzung verhandeln beide Parteien auf der Adolfsburg in Oberhundem wieder wegen Uneinigkeit am Elpertshagen und am Krombacher Schlag. Die Kurkölnischen beschwerten sich auf der Adolfsburg, dass der Graf von Nassau entgegen altem Herkommen und dem Vergleich von 1688 erlaubt habe, von Cölnischen Untertanen, wenn sie Butter, Eier, Stroh den Nassauischen höflich anbieten, Zollgeld zu fordern.
Historischer Grenzstein DD
Der so genannte Graevenstein an der Grenze zwischen den damaligen Gemeinden Rahrbach und Kleusheim neben der im Jahre 1928 fertig gestellten Landstraße 711 erinnert an den Amtsbürgermeister des Amtes Bilstein Karl Graevenstein, der sich als Verbandsvorsteher des Wegeverbandes Rahrbach-Kleusheim für die Erneuerung und den straßenmäßigen Ausbau dieser uralten Wegeverbindung durch Notstandsarbeiten eingesetzt hatte. Der Stein trägt folgende Inschrift: Von den Vätern ersonnen / Von den Enkeln begonnen / Zum Segen es werde / Der Heimaterde / AD 1928. Neben dem Graevenstein steht auf der Wasserscheide Bigge-Lenne ein Malstein der ehemaligen kurkölnischen Ämter Bilstein und Waldenburg, der sogenannte „Kieselstein“. Die oberhalb verlaufende 105 km lange Nassau-Siegener Landhecke umschloss etwa seit Mitte des 15. Jahrhunderts bis Mitte des 17. Jahrhunderts das Siegerland vollständig zum Schutz gegen feindliche Überfälle. Die Grenze zum kurkölnischen Herzogtum Westfalen (Kölsches Heck) wurde besonders stark befestigt. Am historischen Grenzstein DD nahe dem Graevenstein treffen die Grenzen der ehemaligen Grafschaft Nassau-Siegen sowie die Grenzen der ehemaligen kurkölnischen Ämter im Herzogtum Westfalen Bilstein und Waldenburg aufeinander. Das Amt Waldenburg geht auf eine gleichnamige Grafschaft mit Sitz auf der Waldenburg bei Attendorn zurück. Durch Kauf kamen Burg und Herrschaft 1248 in den Besitz des Kölner Erzstiftes. Als nach der verlorenen Schlacht von Worringen 1288 der Besitz der Waldenburg durch die Grafen von der Mark in Frage gestellt wurde, hat der Marschall von Westfalen Johann I. von Plettenberg zur Stützung der kölnischen Herrschaft die Burg Schnellenberg errichten lassen. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurden die kölnischen Besitzungen in diesem Gebiet zum Amt Waldenburg vereinigt. Zum Amt gehörten die Burgen Waldenburg und Schnellenberg sowie die Städte Olpe und Attendorn. Die bei Graevenstein noch sichtbare Grenze zwischen dem alten Herzogtum Westfalen und dem späteren Fürstentum Nassau-Siegen ist heutzutage leicht zu überschreiten, war aber in vergangenen Tagen nicht nur politische sondern auch religiöse Grenze und ist auch heute noch hörbare Sprachgrenze zwischen dem Siegerland und dem Sauerland.
Die Sage vom Ewigen Fuhrmann
Es war einmal vor langer, langer Zeit ein Fuhrmann mit seinem Gespann aus dem Siegerland unterwegs ins Sauerland. Als er im letzten Dorf vor dem Kölnischen Heck in einem Gasthof einkehrte, war es fast Nacht geworden. Der Wirt schenkte ihm ein und riet ihm, über Nacht zu bleiben. „Nichts da!“ rief der Gast ganz übermütig, denn er hatte ein paar Gläschen zu viel getrunken. Der Wirt schnitt ihm die Rechnung ins Kerbholz und ließ ihn ziehen. Aber bald wurde der Weg den Elbertshagen hinauf immer steiler und beschwerlicher. Mit der Dunkelheit der Nacht zog auch ein schweres Unwetter auf. Der Sturm fegte über das Gebirge und der Regen schwemmte Erde und Steinmassen auf den Weg. Die Zugtiere kamen kaum noch von der Stelle, das machte den Fuhrmann wütend. Er sprang vom Wagen, fasste die Tiere, zog und zerrte am Halfter, doch sie kamen nicht vom Fleck. Bald war der Weg so aufgeweicht, dass die Räder unter der schweren Eisenlast bis an die Achse versanken. Der Fuhrmann schlug in seiner Wut weiter und weiter auf die Tiere ein. Aber das half alles nichts. Die Tiere und selbst der Fuhrmann sanken immer tiefer und tiefer ein. Das merkte aber der rasende Fuhrmann nicht mehr. Plötzlich gab es einen Ruck und er versank mitsamt dem Wagen und seinen Tieren in der Tiefe. Über ihnen gurgelten die Wassermassen und der Schlamm. Zur selben Stunde klopfte es beim Wirt im letzten Dörfchen vor dem Kölnischen Heck ans Fenster. Der wachte auf und sagte zu seiner Frau: „Grete, hä kömmt net läwig öwer det Heck!“ Und seit damals kann so mancher, der zur Nachtzeit bei einem Gewitter das Kölnische Heck übersteigt, den unglücklichen Fuhrmann da oben sehen, wie er die Tiere am Halfter hält und sie mit feuriger Peitsche schlägt. Dann knallt es weit über das Land, die Blitze zucken und im Wirtshaus klirren die Fensterscheiben. (Adolf Wurmbach (Hg.), Siegerländer Sagen, Siegen 1967)
Windrad „Ewiger Fuhrmann“
Die Erschließung von Standorten für die Windenergie ist meist mit einem Konfliktpotenzial hinsichtlich des Natur- und Artenschutzes verbunden. Durch sorgfältige Standortplanung werden negative Umwelteinflüsse weitgehend vermieden. Die Windenergieanlage „Ewiger Fuhrmann“ befindet sich nordwestlich von Littfeld im Grenzgebiet zwischen dem Siegerland und dem Sauerland. Die Windmühle der dänisch-deutschen Firma Vestas hat einen Rotordurchmesser von 66 Metern, und da dieser auf den 117 Meter hohen Stahlturm montiert wird, misst der Abstand zwischen Boden und dem höchsten Punkt der Anlage rund 150 Meter. Damit war das Littfelder Windrad bei seiner Fertigstellung die höchste Windkraftanlage der Welt. Jährlich gewinnt das Windrad etwa 3 Millionen Kilowattstunden elektrische Energie aus dem Wind und deckt damit den Bedarf von 800 Durchschnittshaushalten ab.
Littfeld
Der Kreuztaler Stadtteil Littfeld ist mit Burgholdinghausen einer der ältesten Orte im Siegerland und wurde bereits im Jahre 1250 erstmals mit dem Namen Letphe in einem Abgabenverzeichnis an den Propst zu Schöneburg urkundlich erwähnt, aber es gibt Hinweise darauf, dass erste Besiedlungen des Littfelder Raumes bereits um 1075 erfolgt sind. Littfeld entwickelte sich aus einem Haufendorf an dem Zusammenlauf der Bäche Little, Limbach und Heiminkhaus. Zu Beginn siedelten sich Bergarbeiter im Talkessel an und legten die Ländereien trocken, um sie für landwirtschaftliche Zwecke nutzen zu können. Zugezogene Handwerker, angezogen vom Bergbau und aufkommender Industrie, erweiterten den Kreis der Einheimischen. Ausgrabungen auf dem Altenberg, der Passhöhe zwischen Müsen und Littfeld, belegen das Vorhandensein einer Siedlung in der Zeit zwischen 1000 bis 1350. Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert hatten die Herren von Holdinghausen Besitz und Einfluss in Littfeld und besaßen Jagd- und Fischereirechte. Littfeld war im 17./18. Jahrhundert nach Siegen der volkreichste Ort im Siegerland, der 1690 bereits 60 Häuser zählte. 1729 wurde Johann Heinrich Jung (Patenonkel des berühmten Augenarztes Jung-Stilling) zum Schulmeister in Littfeld gewählt. Sein Name steht jedoch maßgeblich für die Blüte des Littfelder Bergbaus, dem er als Markscheider und Bergmeister diente. Seine Erfindungen verhalfen den Littfelder Gruben Altenberg, Heinrichsegen und Viktoria wieder zu mehr Rentabilität. 1840 wurde die Lenne-Sieg-Straße (die heutige B 517) durch Littfeld gebaut, was neben Gebäudeabrissen auch die Verlegung der Littfe mit sich brachte. Die Eröffnung der Ruhr-Sieg-Eisenbahn 1861 brachte einen weiteren Aufschwung des Grubenbetriebes, dessen Ende jedoch nach dem 1. Weltkrieg kam. In den Irrungen und Wirrungen von Krieg, politischen Grenzstreitigkeiten und Umlegungen hatten die Orte Littfeld und Burgholdinghausen sehr zu leiden, sei es in Form von Pestausbrüchen, durchziehenden Armeen oder Hungersnöten. Trotzdem ist heute noch viel von der alten Bausubstanz erhalten. Es gibt viele erhaltenswerte Gebäude, sogar denkmalgeschützt, und viele Bereiche, in denen die gewachsenen historischen Strukturen noch sehr gut ablesbar sind. In Littfeld wird moselfränkisch gesprochen. Der Ort liegt an der Uerdinger und der Benrather Linie, die hier gemeinsam die Sprachgrenze zum benachbarten Sauerland bilden.
Burgholdinghausen
Burgholdinghausen ist der nördlichste Stadtteil von Kreuztal und der nördlichste Ort des Siegerlandes und umfasst rund 20 km² und ist damit der flächenmäßig größte Stadtteil von Kreuztal, jedoch mit weniger als 30 Bewohnern zugleich der bevölkerungsärmste. Er grenzt im Norden an Kirchhundemer Ortsteile, im Osten an den Hilchenbacher Stadtteil Müsen und im Süden und Westen an Littfeld. Die Grenze zum Kreis Olpe ist hier identisch mit der Uerdinger und der Benrather Linie. Burgholdinghausen war von Beginn an der Sitz des Geschlechts von Holdinghausen, an welches das Dorf Littfeld seine Steuern zu zahlen hatte und das unter dem Namen Holdinghausen geführt wurde. 1447 hatten die Herren von Holdinghausen bereits beachtlichen Besitz in Littfeld, ab 1578 begannen sie diesen zu erweitern. Im Jahre 1579 hatte das Gut seine heutige Größe erreicht. Mit dem Tod des letzten männlichen Holdinghausener 1684 fiel das Gut an Maria Rosina von Holdinghausen und damit an Phillip von der Hees, mit dem sie verheiratet war. 1786 wurde der Besitz an den Freiherrn Lothar von Fürstenberg verkauft. Im Jahre 1802 erhielten die Ländereien und Ansiedlungen den amtlichen Namen Burg Holdinghausen. Seit 1936 befindet sich das Gut im Besitz der Unternehmerfamilie Woeste (Henkel). Im Jahre 1791 ließ sich ein Benjamin Moses in Burgholdinghausen nieder. Er erwarb ein Grundstück am Burberg und beerdigte dort im Jahre 1804 seine Ehefrau. Der Jüdische Friedhof ist der älteste im Kreis Siegen und umfasst 400 Quadratmeter. Er ist mit einem Jägerzaun eingefriedet und beherbergt heute noch sechs Grabstellen. In der Zeit zwischen 1804 und 1927 wurden Verstorbene, auch aus den angrenzenden Gemeinden, besonders aus Littfeld und Krombach, auf dem Friedhof beerdigt, denn eine jüdische Gemeinde hat es in Burgholdinghausen nicht gegeben. Die Inschriften auf den Steinen sind alle ausschließlich in deutscher Sprache verfasst.
Wegpunkte Rundweg Langebachtal
WP1 N51°00.9591 E007°58.7706, Jüdischer Friedhof am Burberg
WP2 N51°01.6008 E007°56.9613, Historischer Grenzstein DD
WP3 N51°01.7691 E007°56.8017, Rastplatz Graevenstein
WP4 N51°01.4664 E007°57.0176, Infotafel Windräder
WP5 N51°01.3900 E007°57.1695, Quelle Ewiger Fuhrmann
WP6 N51°00.5226 E007°57.8531, Wanderparkplatz Limbachtal
Route Rundweg Langebachtal (gpx)
Fotoalbum Rundweg Langebachtal (Flickr)