Mit der Kamera unterwegs im Schmallenberger Sauerland
Anreise mit dem Pkw zum kleinen Wanderparkplatz am SGV-Eck in Grafschaft (Navi-Eingabe N51°8’44″ E8°19’35″)
Tourbeschreibung
Grafschaft liegt etwa 3 Kilometer östlich von Schmallenberg am Fuße des Wilzenbergs auf ca. 410 m über NN. Die gut 11 km lange Golddorf-Route Grafschaft beginnt am SGV-Eck in der Ortsmitte und führt zunächst an der Hauptstraße entlang in Richtung Oberkirchen, biegt dann links in die Winkhauser Straße ein und verlässt den Ort. Es geht bergauf und an der nächsten Abbiegung hinter den letzten Häusern hält sie sich links unterhalb vom Wilzenberg entlang mit einer schönen Aussicht auf Grafschaft. Nach einigen hundert Metern geht es rechts hoch in den Wald. Die Route geht kurz bergauf und biegt dann nach links ab. Es geht ein Stück durch den Wald vorbei an einem Wassertretbecken und dann durch Wiesen weiter, um dann nach rechts ab zu biegen. Nun geht es bergauf bis zur Straße, die vom Wegekreuz scharf nach rechts zum unteren Wilzenberg-Parkplatz führt. Dann weiter bis zum oberen Parkplatz. Hier geht es nach links bis zur Gedenkstätte auf dem Gipfel. Vorbei unterhalb des großes Gipfelkreuzes, das man schon von vielen Richtungen aus sehen kann, gelangt man zum Aussichtsturm. Der Abstieg erfolgt dann in die andere Richtung, an einer kleinen Wiese vorbei in den Wald und schließlich wieder auf dem Weg zurück in den Ort. Es geht aber sofort scharf nach links durch Wiesen und Felder, vorbei an der Skulptur „Blinker II“ des Waldskulpturenweges. Vom Almerter Wäldchen geht es bergab über die Hauptstraße zwischen Grafschaft und Oberkirchen und noch einmal leicht bergauf, vorbei an einem weiteren Tretbecken in den Ort zurück. Die Route quert nun die Straße nach Schanze und macht noch einen Schlenker oberhalb des Klosters aus dem Ort hinaus, mit schöner Aussicht auf Grafschaft, das dortige Kloster und den Wilzenberg und führt nun nach rechts leicht bergab über das Gelände des Klosters Grafschaft und schließlich an der Hauptstraße nach rechts zurück zum SGV-Eck.
Grafschaft
Der Name Grafschaft leitet sich vom Flurnamen Grascap her. Es gibt aber auch einen Namensbezug zum Adelsgeschlechts der Edelherren von Grascap. Die Grafschafter Edelherren wurden nach Gründung des Klosters Grafschaft erbliche Schirmvögte des Klosters. Sie bauten später in Nordenau an der Heidenstraße ihre Stammburg, die heutige Burgruine Rappelstein. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes datiert aus dem Jahr 1283. Für die Zeit bis 1400 lassen sich mindestens sieben Höfe in Grafschaft nachweisen, 100 Jahre später sind es zehn. Bis 1660 wuchs die Zahl der Höfe auf 17 an. Alle Höfe gehörten dem Kloster Grafschaft und waren ihm abgabepflichtig. Im Zuge der Säkularisation im Jahr 1803 wurde das Kloster Grafschaft aufgehoben und vom neuen Landesherrn, dem Großherzog von Hessen-Darmstadt, übernommen. Im Jahr 1816 fiel das frühere Herzogtum Westfalen (Kurköln) und damit auch Grafschaft an das Königreich Preußen. 1843 wurde die politische Gemeinde Grafschaft, zu der auch die Orte Gleidorf, Latrop und Schanze gehörten, etabliert. In den Jahren 1851 und 1852 zerstörten zwei Großbrände ein Drittel der Häuser im Ort. Neben der Landwirtschaft bestimmten Handwerk und Dienstleistungen das Erwerbsleben des Ortes. Heute ist Grafschaft ein beliebter Urlaubsort. Gefördert wurde diese Entwicklung durch den Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“. Beim Bundeswettbewerb im Jahr 1965 wurde Grafschaft mit der Goldplakette ausgezeichnet.
Gasthof Heimes
Der über 330 Jahre alte, geschichtsträchtige Gasthof Heimes in Grafschaft wird seit mehr 15 Generation durch die Familie Heimes-Müller geführt, auch wenn die Ahnengalerie durchaus andere Familiennamen bereithält. Das Stadtarchiv in Schmallenberg sowie das Landeskulturamt der Stadt Münster machten es möglich, eine Aufzeichnung der Familie bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgen. 1591 zahlte Peter im Spyker als Leibeigener des Klosters Grafschaft einen Taler Pacht und legte damit den Grundstein zur Hausgründung. Der Bierausschank fand erstmals 1685 urkundliche Erwähnung in den Akten des Oberkirchener Sendegerichts. Johannes Sporing genannt Schmies prägte durch den zusätzlichen Betrieb einer Schmiede den Namen des Hauses und nahm das Gut im Jahre 1668 vom Kloster Grafschaft in Gewinn. Mit der Entrichtung der Steuern für Brandtewein brennen im Jahr 1759, erweiterte Catarina Schmies das Angebot mit hauseigener Schnapsbrennerei. Heimes betreibt Ackerbau und logiert daneben ist der Original-Eintrag des preußischen Landratsamtes zur Erteilung der Logis-Konzession datiert auf 1839.
Pfarrkirche St. Georg
An den aus dem 18. Jahrhundert stammenden Turm der alten Grafschafter Kirche, wurde 1963/64 die neuzeitliche Kirche nach Plänen des Architekten Heinrich Stiegemann erbaut und am 18. August 1964 feierlich von Weihbischof Dr. Paul Nordhues konsekriert. Die Kirchenfenster aus Antikglas/Blei gestaltete der spätexpressionistische Maler, Bildhauer, Zeichner und Grafiker Hans Theo Richter (* 10. August 1926 in Bielefeld; † 17. Juli 2006 in Hombruch). Die Kirche ist ganztägig geöffnet.
Kloster Grafschaft
Im Jahr 1072 wurde das Kloster Grafschaft von dem Kölner Erzbischof Anno II. gestiftet. Die Gründung dieser Benediktinerabtei war insofern etwas Neues, als die älteren Klöster im alten Herzogtum Sachsen überwiegend Stiftungen des Adels waren. Der Erzbischof erwarb urkundlich das Grundstück von einer Witwe Chuniza und ihrem Sohn Tiemo. Nach der Gründung entstand eine dreischiffige Kirche im Basilikastil mit einem Westturm und einer dreischiffigen Krypta im Osten. Die ersten Mönche kamen aus der ebenfalls von Anno gegründeten Abtei in Siegburg. In der Gründungsphase herrschte der Geist der cluniazensischen Reform in der Siegburger Ausprägung. und unterschied sich vom Modell Cluny dadurch, dass keines der Klöster eine Vorrangstellung haben sollte. Grafschaft war also nicht in irgendeiner Weise Siegburg untergeordnet. Den weltlichen Schutz des Klosters sowie die weltliche Gerichtsbarkeit im Bereich des klösterlichen Besitzes übte ein Vogt aus. Seit 1166 waren dies die Grafen von Dassel. Ihr Wirken spiegelt sich wider in dem Klosterwappen. Das Hirschgeweih war das markante Merkmal des Wappens der Grafen von Dassel. 1232 verkauften sie die Vogteirechte an die Grafen von Arnsberg. Mit dem Verkauf der Grafschaft Arnsberg 1368 waren die Erzbischöfe von Köln Inhaber der Vogtei. Die Untervogtei besaß 1166 ein Edelherr Gerhard von Hachen. Seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts war dieses Amt in der Hand der Edelherren von Grafschaft. Nachdem der Zweig der Edelherren von Grafschaft ausgestorben war, gelang es Kaspar von Fürstenberg, die Erbvogteirechte zu erringen. Von 1573 bis zur Aufhebung des Klosters übernahmen dann nacheinander verschiedene Angehörige der Familie von Fürstenberg die Untervogtei. Der völlige Neubau der Abtei durch den Baumeister Michael Spanner erfolgte zwischen 1729 und 1742. In den Jahren 1738 bis 1743 errichtete er die neue Klosterkirche; sie erhielt in den Jahren 1744 bis 1757 eine komplett neue Ausstattung. Im Jahr 1770 folgte der Neubau des Torhauses. Die Kirche wurde als dreischiffige Hallenkirche errichtet und galt als die schönste Kirche des kurkölnischen Sauerlandes. Vom 19. Jahrhundert bis Mitte des 20. Jahrhunderts nicht monastisch genutzt, beherbergt die Anlage seit 1948 Borromäerinnen. Der Orden betreibt dort das Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft als Lungenfachklinik.
Wilzenberg
Nördlich von Grafschaft erhebt sich der Wilzenberg (658 m), ein markanter Gipfel, den schon früh Menschen für sich nutzten. Eine erste Wallanlage auf dem Wilzenberg entstand um 200 v. Chr. durch die Menschen der Eisenzeit. Die Franken in der Karolingerzeit übernahmen die Anlage und errichteten einen inneren Ring innerhalb der ersten Wallburg. Von hier oben aus konnte man das Land weithin überschauen und das Anrücken feindlich gesinnter Truppen frühzeitig bemerken. Vermutlich diente die Anlage im Mittelalter als Fliehburg. Schon vor 1500 stand auf dem Wilzenberg eine kleine Kapelle. Die Grafschafter Klosterrechnung nennt seit dem Jahr 1508 einen Bruder auf dem Wilzenberg. Dieser Einsiedler bewohnte eine Klause in der Nähe der heutigen Kapelle. Er führte nach Aufzeichnungen ein gottgefälliges Leben und lebte von Almosen der Pilger, denen er Unterkunft gewährte. Die am Westhang gelegene Quelle Brauers Deyk (Bruder-Teich), die sich in einem kleinen Teich befindet, westlich unterhalb der Kapelle, wird von diesem Bruder Klausner seinen Namen erhalten haben. Mitten im 30-jährigen Krieg, in den Jahren 1626/27, errichtete der Grafschafter Abt Gabelus Schaffen eine Klause (domus eremtica) auf dem Wilzenberg. Das nötige Material fuhren Grafschafter Bauern hinauf. Dieser Abt war es auch, der zu Ostern 1626 auf der Höhe des Berges ein 21 Meter hohes hölzernes Kreuz errichten ließ. Es sollte als Siegeszeichen weit über Berg und Tal von der Glaubenstreue der Sauerländer künden, die an der Religion ihrer Väter festhielten. Anfang des 17. Jahrhunderts entstand eine zweite Kapelle, die Mitte des 18. Jahrhunderts zur heutigen Kapelle ausgebaut wurde. Allein schon die barocke Innenausstattung ist den Besuch wert. Ebenso aber auch die Kreuzigungsgruppe im Wald und der kleine Quellteich nahe der Kapelle. Bis heute finden Prozessionen von der Straße zwischen Grafschaft und Schmallenberg über den Kreuzweg den Berg hinauf zur Kapelle statt. Auf der Höhe befindet sich ein Brunnen, auch Püttken genannt. Den Kindern erzählte man, das hieraus der Klapperstorch die Babys brachte. Wenn man schon einmal den Aufstieg hinauf auf den Wilzenberg geschafft hat, sollte man sich unbedingt noch den Rundblick vom Kaiser-Wilhelm-Turm gönnen. Die 9,5 Meter hohe Stahlkonstruktion wurde 1889-95 erbaut und 1964 gründlich renoviert. Der Aussichtsturm ermöglicht vom inselartig im Lennetal gelegenen Wilzenberg aus einen fantastischen Rundblick über das Hochsauerland und hinein ins Lennebergland.
Blinker II
Der 25 km lange Waldskulpturenweg führt über den Rothaarkamm und beginnt in Bad Berleburg. Von dort verläuft er nach Kühhude. Dort kreuzt der Weg den Rothaarsteig und führt weiter über Schanze, Almert und Grafschaft bis Schmallenberg. Elf Skulpturen namhafter und international anerkannter Künstler wie Jochen Gerz, Andreas Oldörp, Lili Fischer, Heinrich Brummack oder Ansgar Nierhoff wurden in den vergangenen zehn Jahren errichtet. Alle ein bis zwei Kilometer gelangt man zu einer Skulptur in teils imposanter Größe. Als letzte Installation wurde im Frühjahr 2010 oberhalb von Almert die lichtkinetische Arbeit Blinker II von Timm Ulrichs aufgebaut. Ein Stahlgerüst, zehn Meter hoch und fast zwölf Meter lang, hält 196 Edelstahlbleche, die frei pendeln können, damit sie Wind und Licht immer wieder neu einfangen. Aus der Ferne wirkt Blinker II wie eine geschlossene Projektionswand und erinnert von ihren Dimensionen an die Leinwand eines Autokinos.
Wegpunkte Golddorf-Route Grafschaft
WP1 N51°09.0066 E008°18.9514, Mühlenplatz
WP2 N51°09.1675 E008°19.5715, Sellmanns Linde
WP3 N51°09.1832 E008°19.5685, Wilzenbergkapelle
WP4 N51°09.2112 E008°19.8565, Wilzenbergturm
WP5 N51°08.6201 E008°20.2982, Stellmecke
WP6 N51°08.4984 E008°20.1504, Blinker II
WP7 N51°08.9512 E008°20.0082, SGV-Eck
Golddorf-Route Grafschaft (gpx)
Wanderkarte Golddorf-Route Grafschaft (pdf)
Fotoalbum Golddorf-Route Grafschaft (Flickr)