Vom Hexenplatz zur Schwarzen Fabrik
Anreise mit dem Pkw zum Wanderparkplatz Oberkirchen (Navi-Eingabe N51°9’30″ E8°22’24″)
Tourbeschreibung
Die auf 16,8 km erweiterte Golddorf-Route Oberkirchen führt vom Wanderparkplatz gegenüber der St.-Gertrudis-Kirche zur Lüttmecke und vorbei am Verhörplatz weiter zum Hexenplatz. Von hier geht es in nördlicher Richtung nach Almert. Nach Querung der Galgenstraße geht es hinauf zur Galgenstätte und zurück zur St.-Gertrudis-Kirche. Weiter geht es entlang der Lenne hinauf zur Schwarzen Fabrik. 1878 begann man hier, die Holzkohle zu verarbeiten, die in den umliegenden Wäldern produziert worden war. Kohlepulver, Briketts und Grillkohle entstanden dabei. Seit 1974 ist in den Gebäuden eine Kunstschmiede eingerichtet, und in den Sommermonaten kann man sich im Café eine Rast auf der Wanderung gönnen. Gegenüber der Schwarzen Fabrik biegt der Weg nach rechts in den Buchenwald ab, hinauf zum Hirschberg. Die Golddorf-Route führt auf der Sommerseite von Oberkirchen durch das Naturschutzgebiet Kalte Kirche, vorbei an Döpp´s Feldscheune bis nach Gut Vorwald. Von Vorwald geht es oberhalb der Wolfskuhle wieder zurück nach Oberkirchen im Lennetal.
Oberkirchen
Der kleine Ort Oberkirchen östlich von Schmallenberg ist ein Beispiel für die Fachwerk-Architektur im Hochsauerland. Oberkirchen liegt an einer Lenneschleife, im Tal zu Füßen von Hardt, Hirschberg und Lingelscheid, wo Waldsiepen und Lüttmecke in die Lenne münden. 1275 wird Oberkirchen erstmals urkundlich erwähnt. Genau 700 Jahre später, 1975, wird der Ort gemeinsam mit zahlreichen weiteren nach Schmallenberg eingemeindet. Im Ort finden sich zahlreiche schmucke Fachwerkhäuser, allen voran die beiden Gasthöfe Schauerte und Schütte. Wenn auch all die schönen Fachwerkhäuser die Blicke auf sich ziehen, so sollte man doch den Besuch in der katholischen Pfarrkirche St. Gertrud nicht versäumen. Sie entstand 1665-66 und ersetzte einen romanischen Vorgängerbau. St. Gertrud zeigt eindeutig barocken Stil; auch die Inneneinrichtung ist barock und stammt größtenteils aus dem Erbauungszeitraum. Prächtig anzusehen sind der Hochaltar von 1668 und die Kanzel von 1673. Beide zeigen nicht nur die Kunstfertigkeit ihrer Schöpfer, der Gebrüder Sasse aus Attendorn, sondern auch die Finanzkraft des Stifters Friedrich von Fürstenberg. Dessen Wappen ist nicht nur über dem Südportal zu finden, sondern ist wie damals üblich praktisch allgegenwärtig in der Kirche.
Hexenplatz
Dass Oberkirchen im Herzogtum Westfalen ein Gerichtsort war, der heute den Historikern gut bekannt ist, ist einer eher unrühmlichen Epoche zu verdanken. Die kompletten Protokolle der Hexenprozesse des Jahres 1630 sind erhalten. Nicht nur Frauen waren damals der Hexerei bezichtigt worden, auch Männer gestanden unter der Folter, Hexenmeister zu sein, und selbst vor der Folterung von Kindern machte man nicht halt. Wer beschuldigt wurde, hatte kaum eine Chance, diesem Apparat lebendig zu entkommen: Allein im Herzogtum Westfalen sind rund tausend Hinrichtungen nach Hexenprozessen nachweisbar – doppelt so viele wie in ganz England. An diese Zeit erinnert bis heute der Hexenplatz in Oberkirchen. Auf Tafeln erfährt man mehr über diese dunkle Zeit und über den bekannten Fall der Christine Teipel. Sie war ein 9-jähriges Kind, das damals gefoltert und hingerichtet worden war, eines von 75 Opfern der Prozesse in Oberkirchen. Lili Fischer, Professorin an der Kunstakademie in Münster, gestaltete die von alters her als Hexenplatz bezeichnete Talsenke um und besetzte dieses von Dickicht und Fichten bewachsene Tal mit den Relikten eines vermeintlich versunkenen Hexendorfes: Schornsteine, die aus dem Waldboden ragen, einer Wetterfahne mitten drin und Tore aus großen Ofengabeln. Am Wegesrand ist der große kupferne Topf einer Hexenküche, umstellt von aufgeklappten Zauberbüchern. Ihre Arbeit am Waldskulpturenweg Wittgenstein-Sauerland gibt Zeugnis vom Mythos Hexe und versetzt Wanderer in eine Welt der Märchen und Magie. Gleichzeitig macht er jedoch auch auf die reale grausame Verfolgung von Menschen während der Zeit der Hexenprozesse aufmerksam: Auf der anderen Seite der Talsenke befindet sich der „Verhörplatz“, auf dem einst vermeintliche Hexen zum Tode verurteilt wurden. Wer genau auf seine Wanderkarte schaut, kann dort westlich des Ortskerns auch heute noch die Namen Pütte und Galgenstätte entdecken. Mehrere Wanderwege führen hier entlang. Die Pütte war einst der Richtplatz, an dem Urteile gefällt wurden. Man kann sich unschwer ausmalen, was an der Galgenstätte vor sich ging. Noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts hatte das Gericht Oberkirchen das Recht, Todesurteile zu vollstrecken.
Almert
Der Ort Almert (damals Aldenbracht) wurde um 1300 als Lehen der Grafen von Arnsberg erstmal erwähnt. Im Jahre 1338 belehnten die Edelherren von Grafschaft das Gut. Drei Jahre später verkaufte Johannes von Grafschaft dem Kloster Grafschaft aus seinem Hof in Aldenbracht eine Rente. 1416 erwarb das Kloster von Conrad von Grafschaft und dessen Sohn Craft für 100 rheinische Gulden den gesamten Besitz um Aldenbracht. Almert gehörte 1543, wie mehrere Orte in der heutigen Stadt Schmallenberg, zum Amt Bilstein. Nach Auseinandersetzungen zwischen dem Kloster und der Familie von Fürstenberg musste Kaspar von Fürstenberg dem Kloster Grafschaft den Ort Almert überlassen. Die Übertragung wurde am 20. November 1602 vertraglich geregelt. Die 6 mal 3,8 Meter große denkmalgeschützte Kapelle wurde bereits 1842 in einer Kirchspielchronik erwähnt. Almert gehörte bis zum kommunalen Gebietsreform zur Gemeinde Oberkirchen. Seit dem 1. Januar 1975 ist Almert ein Ortsteil der erweiterten Stadt Schmallenberg.
Lennemühle Gilsbach
Ebenfalls sehenswert ist die Lennemühle Gilsbach in der Alten Poststraße. Die voll funktionsfähige Kornmühle aus dem Jahr 1807 wurde damals mit einem Wasserrad angetrieben. Dieses wurde 1920 durch eine 5-kW-Francis-Turbine ersetzt. Sieben Jahre später erfolgte eine umfangreiche Erweiterung: die Aufstockung der Mühle, die Aufstellung neuer Walzenstühle und die zusätzliche Installierung einer 9 kW-Turbine. Bis 1993 wurde in der Lennemühle Gilsbach Korn gemahlen. Die Mühleneinrichtung, bestehend aus zwei Walzenstühlen und Steingang, ist noch vollständig erhalten. Seit dieser Zeit steht die Mühle auch unter Denkmalschutz. Die zwei Turbinen erzeugen aus der Wasserkraft bis heute die Energie für das Café und die Gaststätte.
Schwarze Fabrik
Die Holzkohlenfabrik wurde 1878 von dem Fabrikanten Otto Schütte gebaut. Ein Jahr später begann der offizielle Betrieb. Die ehemalige Holzkohlenfabrik, die in der Bevölkerung bis heute „Schwarze Fabrik“ genannt wird, verarbeitete insbesondere Buchenholzkohle. Die in den umliegenden Wäldern geköhlerte Kohle wurde zu Holzkohlenpulver, Kohlengrieß, Brikett und Grillkohle verarbeitet. Zu Blütezeit von 1920 bis 1930 arbeiteten über 100 Arbeiter in der Fabrik. Im letzten Jahrhundert versorgte die Fabrik die umliegenden Ortschaften auch mit selbst erzeugtem Strom aus eigenen Wasserturbinen. Seit 1974 befindet sich in dem Bauwerk eine Kunstschmiede. 1998 wurde die Fabrik als Baudenkmal geschützt. Auf dem Gelände befindet sich seit dem Sommer 2006 zusätzlich ein Café.
Gut Vorwald
Das Gut Vorwald wurde 1590 unter dem Namen Walthaus erstmals urkundlich genannt. 1797 errichtete man nach zwei Bränden das heute noch stehende Stammhaus. Im Jahr 1895 wohnten 27 Einwohner, nach der Eintragung des Handels- und Gewerbeadressbuches der Provinz Westfalen, in dem Ort Vorwald. Im Rahmen der kommunalen Neugliederung erfolgte am 1. Januar 1975 die Eingliederung der Gemeinde Oberkirchen mit Vorwald in die neue Stadt Schmallenberg. Die 18 Einwohner leben heute hauptsächlich vom Fremdenverkehr.
Landgasthof Schütte
Landgasthof heißt nicht zwangsläufig, dass man auf eine lange Tradition zurückblicken kann oder in der Vergangenheit eine Poststation war, aber der Gasthof Schütte in Oberkirchen kann mit den Jahrhunderten seiner Geschichte geradezu wuchern. Die Familie Schütte wohnt, lebt und arbeitet hier auf dem Hof seit 1460, nachweislich seit 19 Generationen, worauf auch die Balkeninschrift über dem Eingang des alten Gasthofes hinweist. Als freie Bauern waren sie dem 1074 gegründeten Kloster Grafschaft zugehörig. Der Ackersmann Dominus Petrus Schütte (1410–1516) begründete die lange Ahnenreihe der Familie. Die männlichen Mitglieder der Familie waren Militärbefehlshaber, Pächter der Zollstelle und Bauernrichter. Ein großes Feuer vernichtete 1774 das alte Stammhaus. Noch im selben Jahr errichtete der Schöffe Johann Hermann Schütte gemeinsam mit Ehefrau Christine Vollmers das neue, jetzt noch bestehende große Fachwerkhaus. Das alte Wirtshaus in Oberkirchen, an der alten Handelsstraße von Köln nach Leipzig gelegen, war schon im frühen 18. Jahrhundert Herberge für Reisende mit ihren Pferdekutschen. Hier machten die Reisenden Station, bevor sie ihre beschwerliche Route über den Bergrücken des Kahler Asten antraten. Die Reisenden fanden hier Rast und Stärkung. In der Wirtstube wurden selbstgebrannter Schnaps und Bier gereicht. In dem kleinen Kramladen fand man allerlei Nützliches für die weitere Reise. Die handgeschmiedeten Eisenringe zum Anbinden der Pferde am alten Gasthaus sind bis heute geblieben.
Wegpunkte Erweiterte Golddorf-Route Oberkirchen
WP1 N51°09.1559 E008°21.6725, Verhörplatz
WP2 N51°09.1027 E008°21.5307, Hexenplatz
WP3 N51°09.4131 E008°21.6855, Wanderparkplatz Almert
WP4 N51°09.4950 E008°22.3342, Galgenstätte
WP5 N51°10.0491 E008°22.7910, Pfarrkirche St. Gertrud
WP6 N51°09.8779 E008°22.7321, Lennemühle Gilsbach
WP7 N51°09.6239 E008°23.4744, Schwarze Fabrik
WP8 N51°09.4987 E008°22.7297, Gut Vorwald
WP9 N51°09.4103 E008°22.4787, Landgasthof Schütte
Golddorf-Route Oberkirchen (gpx)